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Difference between revisions of "Johann Daniel Lange"

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|Deutliche und gründliche Erklärung der
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Adelichen und Ritterlichen freyen
 
Fecht-Kunst /
 
Lectionen auff den stoβ / und deren gebrauchs eigentlicher
 
Nachricht.
 
  
Auff die rechte Italianische Art und manir, in dieses Tractätlein verfaβt / und mit nothwendigen
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Kupfferstücken nach möglichkeit gezieret und vor Augen gestelt /
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Durch
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Jéann Daniel L’Ange,
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Churfürstl. Pfältzischer Hoff und dero Löbl. Universitäts bestelten
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Fechtmeistern.
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Mit Churfürstl. Pfältzischer Freyheit nicht nach zu trucken.
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Getruckt zu Heidelberg /
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Bey Adrian Weingarten / der Hohen Schull Buchtrucker.
 
  
In verlegung des Authoris selbsten.
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Im Jahr 1664.
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|Dem Durchleüchtigsten Fürsten und Herrn / HERRN C A R O L O, Pfaltzgraffen bey Rhein / Hertzogen in Bayern / &. &. Meinem Gnädigsten Chur-Printzen und Herin / &.
 
  
Durchleuchtigster Fürst / Gnädigster Herr / &. Ewer Durchl. werden sonder allen zweiffel ex
 
Mathesi und andern vornehmen / von Schiffarten der Nachwelt einige instruction hinderlassenen
 
Scribenten sattsamen bericht und information erhalten haben / daβ / in deme die tollkühne Schiffende
 
Seekinder / dem / wider Menschliche einbildung / wundersamen veränderlichen Element Sich
 
zuvertrauen gewilligt / Sie nach Art und Gewonheit Ihre / gleich wie Ohrwissend / also miβliche
 
Wasserbahne / nach den hellschimmerenden Strahlen des güldenen Leith-Sterns Sich zu richten
 
pflegen / umb / daβ selbige Ihrer sehnenden Anlendung und des Ports nicht verfehlen / sondern /
 
wiewohl mit höhester müheseeligkeit / selbigen erreichen mögen;
 
Wellen dan auch ich von Jugend an biβ in mein mittel Alter durch des Glückes miβgünstigkeit
 
/ auff dem gefährlichen Welt-Meer / nicht under geringen Trübsaals stürmenden Winden herumb
 
seglen müssen / da dan offtmahls in gröster Leib- und Lebens gefahr geschwebet / und wohl erfahren /
 
was dort stehet /
 
Horat. Qui cupit optatam cursu contingere metam,
 
Multa tulit fecitque puer, sudavit & alsit ;
 
biβ ich endlich nach überstandener Widerwertigkeit / den längst gewünschten port ersehend / mein
 
schwaches Schiffgen alhier zu Ancker gelegt.
 
  
Als habe in erwegung deren auff diesem Welt-Meer ohnzehlig schwerer Schiffbruchs gefahren
+
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/ bey meinen noch wenig übrighabenden Lebens-minuten, wo nicht Mir / jedoch den armen Meinigen
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zum besten / billich nach einem hellen glücks-Stern mich umbsehen müssen / in begebenheit
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desselben gnadenglantzes Mich zu bedienen; Ewer Durchl. Rhum-würdigsten hohen Helden Nahmen
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auch stracks anfangs hierzu vor andern erblickt / dahero Solchen zu ertiefen / mich umb so viel da
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{{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|16|ix|p=1}}<br/>{{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|17|x|p=1}}<br/>{{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|18|xi|p=1}}
mehr erkühnet / weil die ohnveränderliche Tugendt-Liebe / welche die rechte Magnetische
 
Eigenschafft / die Gemüthere an zuhalten / Ewerer Durchl. hell strahlenden Gnaden-scheins mich
 
nicht wenig dardurch versichert / daβ durch dero Gnädigsten milden vorschub dieβ mein geringes
 
Fecht-Buch in dero ansehnliche Bibliotheck Lustgarten mit eingesetzt zu werden erhoben / dahero
 
Ewer Durchl. Meinem Gnädigsten Pflantz-Herin gegenwertige Zinβfrucht schuld-danckbahrlichst zu
 
entrichten / und dieses Fecht-Buch unterthänigst zuzuschreiben / veranlasset worden / zumahln / da
 
von Ewer Durchl. Herin Vattern / Meinem Gnädigsten Churfürsten und Herin / &. vor etlichen Jahren
 
mir die ohnverdiente grosse Gnade erzeiget worden / daβ Selbe mich in dero diensten in HoffFechtmeisters
 
Bestallung (gnädigst anbefohlener dero Chur-Printzen Ewer Durchl. wie auch der EdelPagen
 
information in der Fechtkunst) gnädigst annehmen lassen; Dahero auβ sattsam überlegten
 
motiven umb so vielmehr zu unterthänigst gehorsambster danckbarkeit die so Mündt- als würckliche
 
unterweisung in der Fechtkunst und deren lectionen übliche Nahmen und nützlichsten gebrauch mit
 
klarer deutlicher Erklährung und Kupfferstücken zu verfassen / und in Form eines Tractät- oder
 
handbüchleins in truck also vorstellend der lieben Nachwelt zu hinderlassen mich bearbeitet. In dessen
 
aber / ob wohl diese meine Arbeit dem schein nach etwas einfältig bekleidet / zu dieser Abentszeit
 
hervor zutretten sich unterstehet / also nichts minder Ewer Durchl. Gnaden-Schutz wider jetzige Weltverkleinerung
 
der überwitzigen Klüglings-Geister / und neidischen Läster-Zungen höchlichst benötigt
 
ist / Jedoch / sich so fern gantz wohl vergnügt bekennet / und alles dergleichen freudig zugleich
 
verlacht / da ich mir des Schirmers gnädigsten Nahmen-glantzes mich würde rühmen dörffen / und zu
 
erfrewen haben. Umb welche hohe / wiewohl unverdiente Gnade / deren angebohrnen Gütigkeit / ich
 
hiemit untergnädigst anflehend / Ewer Durchl. sambt dem gantzen Churfürstl. Hause / nebenst
 
Hertzlicher anwünschung alles Fürstl. Selbst verlangbahren Glückstandts / Mich und die Armen
 
Meinigen zu möglichster unterthänigster Dienstleistung gehorsambt hiemit ergebe / verbleibendt
 
  
Ewer Durchl. Unterthänigst Gehorsambster Jéan Daniel L’Ange Fechtmeister.
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|
 
|
 
|'''An den Leser.'''
 
 
 
Günstig geneigter Leser /
 
Demnach die Menschen Kinder durch antrieb der Natur / also geartet sind / daß Sie je und
 
allewege etwas newes zu wissen und zu erlernen verlangen tragen; Als kan sothanem verlangen
 
hoffentlich hierdurch / wie gering es auch scheinet / in etwas satisfaction geleistet werden. Und ob
 
zwar hiebevor ein oder ander verschiedene so genante Fecht-Bücher in truck herauß gegeben / so ist
 
aber auch gnugsam am Tage / wie deren etliche unvolkommen / verdunckelte und zusammen
 
gestoppelte Wercke sind / welche / weil Sie mehr schädlich als nützlich / billich zuverwerffen weren:
 
In ansehung und betrachtung dessen nun / habe ich vielmehr / der ich mich dießmahl etwas
 
zuschreiben understanden / deme nachkommen sollen und wollen / was Herr Opitz an einem orth sehr
 
nachdencklich setzet /
 
Wer da will was rechtes schreiben
 
das soll bleiben /
 
Der bring einen newen Fundt /
 
auß dem grundt!
 
 
 
Allermassen dan / was es vor ein underschied zwischen den alten Authoribus und dem gegenwertigen
 
Wercke / wird der verständige Leser leichtlich sehen und abnehmen können. Weil dan zu dieses
 
Wercks volführung mir theils meine gute Freundt / und Gönnere / besonders aber mein von Jugend biß
 
hieher zu dieser Kunst gefastes belieben grosse veranlassung gegeben / kurtz-doch gründlich von der
 
Fecht-kunst / etwas gewisses der lieben posterität zu hinderlassen. Als habe dieses geringe
 
Tractätlein / nechst Göttlicher Hülffe / auß selbst erlangter erfahrung / Reisen / Kosten und fleiß in
 
meiner Jugend / anjetzo nach einer guten ordnung / Meinen Herin Scholaren, auch andern meinen
 
sonderbahren Freund und Gönnern schuldigst communiciren wollen / worauß Jeder nach verlesenem
 
discours auß beygefügten figuren vergnügliche instruction überkommen wird. Ich gestehe gern / daß
 
nicht alles hierin begriffen / was etwan manger Klügling verlanget / dabey wisse Er / daß ich es auß
 
erheblichen ursachen gerne underlassen / Einig und allein ist meine intention dahin gerichtet /
 
hauptsachlich dem günstigen Leser vor die Augen zustellen / was eigentlich zu der rechten Fechtkunst
 
gehörig / und worin sie bestehe / in abtheilung aller Stücken / beedes vergnügung zu geben den Augen
 
und dem Sinn / worzu gehörig folgende Stück / als ein gute inclination, disposition, information, und
 
continuation: Mich versicherend / daß diese instruction allen Liebhabern der Fecht-kunst / gleich Sie
 
von Ihnen großgünstig und feundlich acceptirt, ebener massen und vielmehr nützlich und erfreulich
 
sein wird.
 
 
 
Gehabe dich wohl.
 
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|
 
|
 
|'''Lob-Gedicht / an den Autorem dieses Buches.'''
 
Heraus / erwünschtes Buch! du darffst das Liecht nicht schewen /
 
Heraus / beliebtes Buch! gewiβ du wirst erfrewen /
 
Die / so geflissen sind den D E G E N zuverstehn /
 
Du wirst durch manches Land / und Helden-Hände gehn /
 
Bey denen Tugend gilt: man hat zwar auch beschrieben
 
Die Kunst vor dieser zeit / die Schrifften sind geblieben /
 
Und leben noch zum theil: Es ist der Alten fleiβ
 
Auch seines lobes werth / die / was mit müh’ / und schweiβ
 
Sie haben angemerckt / der Nach-Welt nicht verschwiegen /
 
Sonst würden in dem Staub viel guter Künste liegen /
 
Die nun sind offenbahr; Sie haben das gethan
 
Was ihr vermögen war / Sie haben uns die Bahn
 
Gebrochen / wie bekant: doch / weil / wie wir recht sagen /
 
Ein tag den andern lehrt / so hat sich zugetragen /
 
Daβ man je mehr und mehr gesorschet / und bedacht /
 
Und endlich es so hoch / wie kundbar ist / gebracht /
 
Mit der / und jener Kunst / Ein Teutscher hat erfunden
 
Das donnernde Geschüβ / das / die zuvorn fest stunden /
 
Thürn / Wäll’ / und Mauren bricht / es sprengt in einem dufft
 
Das Pulfer / Roβ und Mann / auch Felsen in die Lufft /
 
Und Bollwerck / Bergen gleich; Ein Teutscher Mann hat können
 
Ersinnen / (welches lob die Wahlen uns nicht gönnen)
 
Wie man die Bücher druckt / da mehr allein ein Mann
 
In einer stunde thut / das auch kein Schreiber kan
 
In zehen tagen thun: Es ist auch hoch zupreisen
 
Des Kupferstechers fleiβ / der schlecht mit einem Eysen
 
Sticht auff ein Kupferblat / und uns vor Augen stellt /
 
Was irgends ist zusehn in der so weiten Welt.
 
Es muβ die Mahlerey dem Kupferstechen weichen:
 
Der Mahler kan ein Bild mit Farben wohl auβstreichen
 
Und bilden wie Er will; es wird in einem Saal
 
Zur zierrath aufgehenckt / und soll es noch einmahl
 
Recht abgebildet sein / so muβ es doch geschehen
 
Mit müh’ und langer zeit; das Kupfer / wie wir sehen /
 
Druckt man auf das Pappir / daβ nun in einer stund
 
Viel hundert Blätter hat / die in der Form und grund /
 
Sind gantz den ersten gleich. Nun Euch hat auch beliebet /
 
H E R R L’A N G E, wehrter Freund / die Kunst die ihr geübet /
 
Und wohl erlernet hat / nicht / wie sonst mancher thut /
 
Zu tragen in das Grab / das trewe Teutsche Blut
 
Gibt redlich an den tag / was mancher sonst verschweiget /
 
Und auch umb baren Sold / doch nicht vertrawlich zeiget
 
Was er gelernt / und weiβ. Ihr habt von Jugend an
 
Betretten jederzeit der Tugend hohe Bahn /
 
Ihr habt insonderheit vor andern Euch beflissen
 
Die Ritterliche Kunst / recht in dem grund zuwissen /
 
Wie man den Degen führt / und was ihr so gesucht /
 
Das habt Ihr auch erlangt / Ihr habet reiche Frucht
 
Der Wissenschafft gebracht / und was zuvorn die Alten
 
In dieser Edlen Kunst geheim und hoch gehalten /
 
Habt Ihr gar jung erlernt / hernach durch Ewren fleiβ
 
Und reisen so vermehrt / daβ Ihr / vor vielen / preiβ /
 
Und ruhm hiervon erlangt; Es ist in frembden Landen
 
Euch viel beförderung / dahero zugestanden
 
An manches Fürsten Hof / wie Ihr denn dieser zeit
 
Hier an des Neckars wol angesehen seit:
 
Es ist ja lobens werth / und viel daran gelegen /
 
Wenn man die Jugend lehrt / wie Sie den blancken Degen
 
Mit vortheil brauchen soll / damit vor seinem Mann
 
Ein jeder seinen glimpf / und Leib beschirmen kan.
 
Auff daβ nun Ewre Kunst / erfahrenheit / und wissen
 
Der Nachwelt nützlich sey / so habet ihr gerissen
 
Und auff Pappier gebracht / mit kunst-gefliβner Hand /
 
Wie sich ein Kämpfer soll / in seinem tritt / und Stand
 
Recht stellen zu der Wehr / und wie man vor der Klingen
 
Behutsam solle sein / und seinen stoβ anbringen:
 
Das alles / und noch mehr / das niemand sonst gelehrt /
 
Dergleichen man auch nicht vor dieser zeit gehört /
 
Gebt Ihr / H E R R L’A N G E an / und daβ es möge bleiben /
 
Habt Ihr es nicht allein mit Dinten wollen schreiben
 
Und bringen in den Riβ; es wird auch nun gebracht
 
In Kupfer / was zuvor Ihr künstlich auβgemacht.
 
Wir sehen auff dem Blat die kühnen Fechter stehen /
 
Und wie sie nach der Kunst frisch auff einander gehen /
 
Ihr gebet auch zugleich Erinnerung darbey /
 
Wie das und jenes Stuck recht zuverstehen sey.
 
Es wird nun dieses Buch hin in die Welt gesendet /
 
Darbey Ihr grosse müh und kosten angewendet /
 
Ihr thut / H E R R L’A N G E, recht! es wird durch ewere Hand
 
Gezieret / und gelehrt / das Teutsche Vatterland:
 
Ihr thut / H E R R L’A N G E recht! es wird die wehrte Jugend
 
Durch Ewren fleiβ erweckt zu Ritterlicher tugend!
 
So fahret immer fort! Es bleibet Euch zu lohn /
 
Auch jetzund / und nach Euch / die höchste Ehrenkrohn!
 
 
 
Auβ wahrer Teutscher wolgewogenheit aufgesetzet / von
 
Joseph Canneberg
 
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| class="noline" | 1. Billich traget der zu Lohne
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| class="noline" | {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|19|xii}}
Seiner Tugend eine Krone /
 
Der / was nützlich / lehrnt / und weiβ /
 
Und dasselbe nicht verschweiget /
 
Sondern offenbahrt / und zeiget
 
Offentlich / mit bestem fleiβ:
 
  
2. Euch / Herr L’Ange, muβ ich rühmen /
 
Kan die warheit nicht verblühmen /
 
Manche Adeliche Kunst /
 
Habt Ihr in den jungen Jahren
 
Wohl erlernet und erfahren /
 
Die Euch bringen lob und Gunst.
 
 
3. Von Euch kan ein Musquetirer /
 
Von Euch kan ein Piequenirer /
 
Lernen / was er lernen soll /
 
Wie man eine Fahne schwinge /
 
Wie man führen soll die Klinge /
 
Wisset Ihr / und lehrets wol.
 
 
4. Jetzund nehmet Ihr den Degen
 
Und die vortheil auβzulegen /
 
Die darbey zubrauchen sind /
 
Habet alles nach dem Leben /
 
Auch in Kupfer schön gegeben /
 
Wenig man dergleichen find.
 
 
5. Was Ihr selbsten zeigt und lehret /
 
Was man von Euch täglich höret /
 
Bringt Ihr jetzund in die Schrift:
 
Alles ist sehr wohl beschrieben /
 
Nichts ist hier verschwiegen blieben
 
Was die edle Kunst betrift.
 
 
6. Auff / O Adeliche Jugend /
 
Die Ihr liebet Kunst und Tugend!
 
Nehmet diese Lehren an /
 
Die Herr L’Ange hier beschreibet /
 
Und Euch sonst geflissen bleibet /
 
Dienst zu leisten / wo Er kan.
 
 
7. Neider sagen was Sie wollen /
 
Doch Sie nicht vertilgen sollen
 
Dieses Buch / es wird bestehn;
 
Bücher / welche Tugend lehren /
 
Kunst / und Wissenschafften mehren /
 
Werden nimmermehr vergehn!
 
 
I. H. C.
 
 
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|}
 
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! <p>{{rating}}<br/></p>
! <p>Transcription<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
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! <p>Transcription (1664){{edit index|Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf}}<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
  
 
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|'''Summarischer Discours,'''
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| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/20|1|lbl=1}}
 
 
Von den vier Haupt-Guardien in der Fecht-Kunst / woher sie ihre Nahmen haben / und worin ihre
 
effectus bestehen / wie solche in dieses Buchs folgenden Capituln beschrieben werden / wobey
 
zuwissen / daβ gleich wie Vier Haupt-stöβ / also auch so viel Guardien sind / namentlich /
 
Prima, Secunda, Tertia, und Quarta.
 
  
 
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|'''Caput I.'''
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| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/20|2|lbl=-}}
  
Die Erste Guardia oder positur wird genant die prima, und hat ihren nahmen daher / wan man
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will auβ der Scheiden ziehen / so ergreifft man mit verkehrter Faust den Degen auff der seyten an /
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| [[File:L'Ange 1664 01.png|400px|center]]
umb denselben gegen seinen Feind zu entblössen / und ihme die Spitz zu bieten / da dan der kleine
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|
Finger in die Höhe / und der Daumen unten mit zugethaner Faust und auβgestrecktem Arm die Spitze
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|21|lbl=2}}
gegen dem Gesicht ihme præsentirendt / sich befinden muβ / in welcher positur also die Prima
 
formiret wird / die doch im stossen wenig gebräuchlich und gezwungen ist / deβwegen ich keine
 
fernere meldung thun will.
 
  
Die zweyte Guardia genant die Secunda, wird auβ der Prima formirt, welche geschiehet mit
+
|-
umbwendung der Handt / als / das eusserste oben / das inwendigste der Handt unten / wie vorgesagt /
+
| [[File:L'Ange 1664 02.png|400px|center]]
mit auβgestrecktem Arm / und also geneigtem Haupt / damit man unter des Feindes Klingen hinsehen
+
|
möge / die Spitze gegen des Feindes Angesicht / oder etwas höher gerichtet / auff daβ der Feind nicht
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|23|lbl=4}}
oben über der Klingen hinein verletzen könne / den Leib niedrig mit dem rechten Knie vorwerts
 
gebogen / das Lincke aber fast steiff / und die lincke Handt underm Leib nicht weit vom Gesicht
 
gehalten / daβ sie im fall der Noth einen Stoβ abzuwenden / oder wohl gar des Feindes Degen zu
 
ergreiffen / bereit seye / wie beygehende Figur Num. I. auβweiset.
 
  
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| [[File:L'Ange 1664 03.png|400px|center]]
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| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/25|1|lbl=6}}
  
Die dritte Guardia als die Tertia wird formirt mit gerader Handt / den Daumen neben langs
+
|-
der flachen Klingen / das eusserste der Handt auβwendig / und mit steiffem Arm wie oben gesagt / in
+
|
gerader Linien / die Spitze gegen des Feindes Leib / oder auffs höchste nach dem Kopff / die lincke
+
|
Hand vor dem Leib vorwarts / die lincke Schulter zurück / die rechte aber vorgewendet / welche ich
+
| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/25|2|lbl=-}}
zwar nicht viel gebrauche / dieweil in derselben der Feind engagiren und den vortheil gewinnen / auch
 
man darin nicht so leicht caviren und sich loβ machen kan / wie in der Quarta, dan die Spitze
 
gewöhnlich sich etwas hoch befindet / wie beygehende Figur sub Num. II. zeiget.
 
  
Was die Vierte Guardiam oder positur belanget / die quarta genant / muβ selbige mit
+
|-
auffwarts gewendeter Faust / den Daumen auff der Klingen hingerichtet / auβgestrecktem Arm / die
+
|
Spitzegegen des Feindes rechter Brust / mit zurück gezogener lincker Schulter etwas gebogenen
+
|
lincken Knie / und die Hand vorwerts / sich erzeigen; Welche postur die rechte quartam præsentirt,
+
| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/27|1|lbl=8}}
die ich vor die leichtest: zierlichst: und nutzbahrste halte / dieweil sie ohn zwang und mühe kan ins
 
werck gerichtet werden / nach auβweiβ beykommender Figur Num. III
 
  
Und dieses sey gnug von den Vier Haupt-Guardien geredet / die würckung derselben aber /
 
und wie sie am aller sichersten zugebrauchen / werde ich an seinem Orth melden.
 
 
|-
 
|-
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+
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|
+
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|'''Caput II.'''
+
| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/27|2|lbl=-}}
  
Wie man sich in gute positur stellen soll / es seye die quarta oder secunda, welche ich vor die
+
|-
sicherste und beste halte / auβ welchen die anderen leich formirt werden können.
+
|
 +
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 +
| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/27|3|lbl=-}}
  
Ehe wir aber von denselben etwas reden / wollen wir zuvor von dem Reverentz, so man etwa
+
|-
in grosser Herin gegenwarth fechten solte / und weil selbiger auch gemeiniglich auff den Fecht-Böden
+
| [[File:L'Ange 1664 04.png|400px|center]]
allen Lectionen und underweisungen vorgehet / kürtzlich etwas handeln / und wie solcher zierlich
+
|
zumachen / unterweisung pflegen.
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|28|lbl=9}}
  
Wan nun der Degen recht in der Handt gefaβt ist / so nehme man mit der lincken Hand den
+
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Huet ab / ziehe alsdan den rechten Fuβ zurück / lasse die Spitz des Degens zugleich mit dem Leib /
+
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gegen die Persohn / welcher die Ehr gebührt / hernacher gegen dem Adversario sincken / nach diesem
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|
schreite man mit dem lincken Fuβ zu rück / und alsobald mit demselben wider hervor / setze zugleich
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| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/29|1|lbl=10}}
in einem tempo den Huth wieder auff / bringe den rechten Fuβ wider vor sich / und præsentire also
 
dem Adversario den Degen / in welcher postur es auch sey; Dieses stehet gar zierlich auff FechtBöden
 
und in Schimpff-Fechten / aber in Ernst gedencket man dessen gar nicht. Nun wollen wir sehen
 
/ welche posturen die besten und zierlichste / auch zur defension die nutzbahrste seyen. Und zwar
 
anfangs / wer sich will in die Quart stellen / der muβ seinen Leib auffrichtig / den Degen nahe bey
 
dem Gefäβ und Creutz fest in der Faust mit auβgestrecktem Arm und zusammen gestelten Versen
 
præsentiren / dan den rechten Fuβ einen Schritt fortsetzen / und das lincke Knie beugen / das Rechte
 
steiff halten / welches jedoch nicht schaden kan / wan man selbige zu seiner zeit beide etwas beuget /
 
und sich in eine niedrige positur leget / den Leib gleichwohl auff dem lincken Schenckel ruhend
 
gelassen / damit der rechte Fuβ desto leichter seye fort zusetzen / fainte zu machen / zu stossen / oder
 
zurück zuziehen. Darbey aber observire man wohl / daβ die Spitz des Degens / der rechte Fuβ und
 
lincke Versen in einer geraden Linien sich befinden und fort gesetzt werden / die lincke Hand aber
 
nicht weit vom Angesicht avancire, daβ man selbige zur zeit der Noth könne gebrauchen / entweder
 
zu pariren, des Feindes Degen anzugreiffen / weg zu reissen / oder im passiren desto füglicher den
 
Feind von sich zu halten / jedoch muβ alles mit geschicklichkeit geschehen / welche positur einen
 
zierlichen Leib machet / und ich sie selber vor sicher halte.
 
  
Die zweyte Guardiam oder secundam belangendt / halte ich so wohl de: als offensivè vor
 
sicher / welche formirt wird wie vorgemeldt / mit auβgestrecktem Arm / den Leib vorwarts / wie auch
 
den Kopff hart neben dem Arm / auff daβ man über den Arm kein blöβ gebe / und under dem Gefäβ
 
seines Degens hindurch des Feindes blöse erkennen möge / die lincke Hand unten vor dem Gesicht
 
avanciret, das rechte Kniehe gebogen / und das lincke auβgestreckt / welches man doch zu gelegener
 
zeit in dem mensur brechen wie auch sonsten biegen kan; desgleichen / wan man auβ der secunda in
 
die quart fallen wolte / muβ man das lincke Knie auch biegen und das rechte etwas doch nicht
 
garstrecken / auch den Leib geschwindt wenden / welches ich zu gelegner zeit und gehörigem Orth
 
meinen Herin Scholaren besser expliciren werde / und auch die Figur Num. IV. beides andeutet.
 
 
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|'''Cap. III.'''
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Von der richtigen ahtheilung der Klingen.
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Solche muβ in vier theil auβgetheilt werden / als in die gantze und halbe stärck / in die halbe
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und gantze schwäche / wie auβ beykommender Figur Num. V. zusehen.
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Hieher gehören auch die in der Fecht-Kunst gebräuchliche termini, und was deren deutung.
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1. Approchiren, herbey rucken.
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2. Caminiren, gehen und den Feind suchen zu verletzen.
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3. Attaquiren, dem Feind an die Kling gehen.
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4. Engagiren, die Kling gewinnen.
 
 
 
5. Battiren, an die Kling schlagen / oder mit dem Fuβ an die Erde klappen.
 
 
 
6. Appelliren, einen zum stoβ oder parade bewegen.
 
 
 
7. Stringiren, die Kling dempfen oder bezwingen.
 
 
 
8. Ligiren, den Degen anbinden oder umbtrehen.
 
 
 
9. Caviren, unden durch oder oben über gehen.
 
 
 
10. Allongiren, auβstossen.
 
 
 
11. Pariren, ausnehmen / den stoβ abschlagen.
 
 
 
12. Repoussiren, nachstossen.
 
 
 
13. Passiren, einlauffen.
 
 
 
14. Voltiren, sich umbtrehen.
 
 
 
15. Seffiren, den Degen ergreiffen.
 
 
 
16. Rumpiren, die mensur brechen.
 
 
 
17. Retrahiren, sich zu rück begeben.
 
  
18. Disarmiren, den Degen nehmen.
 
 
19. Ludiren, den Feind auff die Erde werffen.
 
 
20. Faintiren oder fainte, den Feind zu verführen umb seine blösse zugewinnen.
 
 
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|'''Cap. VI.'''
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Wie man die nahe und weite Mensur erkennen soll.
 
 
Erstlich muβ man wohl lernen erkennen / wie und wan man mit seiner schwäche auff des
 
Feindes schwäche kommen soll und kan / welches da ist die weite mensur, worin man den Feind nicht
 
verletzen mag / weil er zu weit abgelegen ist / ohne zweymahl fortsetzung des rechten Fusses / und
 
dan einmahl mit dem Lincken / umb mit der stärcke des Feindes schwäche zu gewinnen / wie gegen
 
übergesetzte Figur Num. VI. zeiget / und dabey doch nichtes desto minder allzeit gesuche werden
 
muβ / den Feind in einem tempo zuverletzen / so aber in der weiten mensur nicht geschehen kan / als
 
mit sonderbarer grosser geschwindigkeit.
 
 
Zweytens / die nahe oder rechte mensur betreffend / so geschiehet solche mit geschwinder
 
fortsetzung des rechten Fusses und Faust / darauβ der stoβ erfolgt / alsdan kan man in einem tempo
 
mit auβgestrecktem Arm / richtigem Leib / und fortgesetztem Fuβ den Feind verletzen / es geschehe
 
gleich in der secunda, tertia oder quarta, wie in nachfolgendem VII. Cap. su sehen / und die Figur
 
Num. VII. auβweiset.
 
 
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|Cap. V.
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Von bewegung des Leibes / Hand und Fusses / wan man die mensur gewunnen oder erst gewinnen
 
wil.
 
 
In der ersten motion hat man sich wohl vorzusehen / wan man umb des Feindes schwäche
 
zugewinnen / den Leib fortrucket / daβ man die Kling nicht zu starck stringire, dadurch dan der Leib
 
zu weit entblöset wird / und der Feind desto leichter gelegenheit bekomt zu caviren und zu zustossen /
 
dan das ist gewiβ und wohl zu mercken / daβ der Feind genaw observirt, auch den allergeringsten
 
vortheil und blösse / so ihm gegeben wird / desto besser seinen stoβ fort zusetzen / deswegen sage ich
 
auβtrucklich / das Fuβ und Hand mit einer grossen vorsichtigkeit müssen beweget werden / wie schon
 
zuvor gesagt.
 
 
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|'''Cap. VI.'''
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Wie man approchiren und die schwäche gewinnen sol.
 
 
Alhier muβ wohl betrachtet werden / wan man sich in der weiten mensur befindet / daβ man
 
mit rechtem Fuβ und steiffem Arm fort rucke / und so bald den lincken Fuβ an dessen stell bringe / da
 
man sich dan mit der stärcke auff des Feindes schwäche befinden wird / es sey in: ein oder anderer
 
positur.
 
 
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|'''Cap. VII.'''
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| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|37|lbl=18}}
 
 
Wie man die drey Hauptstöβ recht auβstossen sol.
 
 
 
Erstlich / wan man in dem approchiren die mensur und schwäche in der quart gewonnen hat /
 
welches geschiehet zwischen der tertia und quarta, als / da man sich mit der schneide des Degens auff
 
des Feindes Klinge befindet / dan so bald das tempo in acht genommen und die rechte Hand in die
 
quart, doch etwas hoch verwendet ist / muβ die Spitze nach des Feindes Leib gerichtet / mit
 
auβstreckung des Arms / fortsetzung des rechten Fusses / und wendung des Leibes / der stoβ
 
geschehen / damit in dem auβstossen die Spitze des Degens / die beede Schultern und Füsse / so wohl
 
ohn bewegt / als auch ferner in einer geraden Linien stehen bleiben mögen / also / daβ des Feindes
 
Degen die rechte gerade Linien vorbey gehe / und von dem Leib abgewendet werde / da dan nicht
 
schaden kan / wan man die lincke Hand zu hülff nimbt / wie die Figur Num. VIII. præsentiret.
 
 
 
Was aber die quart untern Arm betrifft / kan solche angebracht werden / wan man dem Feind
 
seine Kling in der quarta starck würd engagirt, und die Spitz nidergezwungen haben / auch mehr blöβ
 
auβwerts unterm Arm / als inwendig hat / so stosse man die quart in die rechte seyte fort / und halte
 
die lincke Hand vor / damit des Feindes contra tempo verhütet werde / welchen stoβ die Frantzosen
 
eine flanconade nennen / wie die Figur Num. LIII. besaget.
 
 
 
Was die Tertia auff sich hat / ist zu mercken / daβ so der Feind in der Quarta parirt, man
 
geschwind under der Klingen durch cavire, und zugleich die mensur breche / und den rechten Fuβ zu
 
rück ziehe; Alsdan kan man dem Feind eine Tertz übern Arm stossen / welches mit getreherem Leib /
 
fortsetzung des Fusses / und starcker ein wenig nach der Secunda zu gewendeter Faust geschiehet /
 
daβ des Feindes Degen auβ der rechten Linien möge gezwungen werden / wie die IX. Figur darthut;
 
und nach geschehenem stoβ allezeit den Leib zuruck gezogen / und man sich wieder in die vorige
 
postur stellen / auff daβ der Feind in dem nachstossen nicht erreichen möge.
 
 
 
Solte dan der Feind die Tertia pariren, in die höhe fahren / und suchen unden in der secunda
 
zuverletzen / so komme man ihm vor / breche nur die mensur, cavire auβwarts über der Klingen
 
herunter / und parire ihm in der secunda wie an der Figur Num. XIII. zusehen / und stosse ihm in
 
derselben nach / auff daβ die rechte Hand in der secunda hoch seye / der Kopf und Leib niedrig / also /
 
daβ des Feindes Degen hinden vorbey gehen möge / und die lincke Hand wohl vorm Gesicht
 
gehalten / mit vorwerts gebogenem Leib / nach auβweiβ beygefügter Figur Num. X
 
 
 
In diesem stoβ ist zu mercken / wan er geschehen / daβ man die Hand wieder mit dem Degen
 
an des Feindes Waffen bringe / und mit brechung der mensur, auff das der Feind nicht einen nachstoβ
 
vollbringe / man kan ihm auch die quart oben über den Arm nachstossen / wie Num. LIII. zeiget.
 
  
Nota: Hier ist hochnötig zu mercken / daβ man in allen stössen den lincken Fuβ ohnbewegt
 
stehen lasse / und nicht / wie Etliche im unnützen und verderblichen gebrauch haben / selbigen / wan
 
sie auβstossen / umblegen und fortrutschen / das lincke Knie auff die Erde biegen / in meinung
 
dardurch weiter zu reichen / und dem rechten Schenckel den gantzen Last des Leibes auffladen /
 
dardurch sie sich dan nimmermehr in einem tempo reteriren, auch wohl gar dem Feind vor die Füβ
 
fallen / und also umb schön Wetter zu bitten / gezwungen werden können.
 
 
|-
 
|-
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| [[File:L'Ange 1664 13.png|400px|center]]
|
 
|'''Cap. VIII.'''
 
  
Wie man pariren und nachstossen sol.
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[[File:L'Ange 1664 10.png|400px|center]]
 
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|
Wan der Feind einem die Klinge gewonnen / und eine blöse in die quart hat zuzustossen / soll
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| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/39|1|lbl=20}}
man wohl in acht nehmen / daβ man dargegen geschwind mit einem steiffen Arm parire, wie die Figur
 
Num. XI. darstelt / und in der quart gleichfals nachstosse / doch seye die parade nicht zu starck / daβ
 
man nicht zu weit auβ der Linien komme / und eine grosse blöβ dem Feind undern Arm gebe / auch er
 
dardurch zu caviren und die Tertia übern Arm zustossen veruhrsacht werde / desgleichen ist zu
 
observiren, daβ der Widersacher nicht etwan die Hand in die secund wende / und in derselben
 
inwendiges Leibes nachstosse / welchen stoβ die lincke Hand verhüten kan.
 
 
 
Die Parada in der Tertia geschiehet also.
 
 
 
Wan der Feind die schwäche in der tertia würd gewonnen haben / und einen stoβ in selbige
 
zuthun gesinnet ist / So breche man geschwind ein wenig die mensur, parire denselben mit einer Tertz,
 
wie in der / mit Num. XII. bezeigneten Figur zusehen / und stosse übern Arm nach / wie an der
 
vorhergehenden Figur Num. IX. geschiehet. Dem Feind aber solch sein vornehmen zuverhindern / in
 
dem er vermeint in der tertia zuverletzen / cavire man unden durch / gewinne ihm mit engagirung in
 
der quart seine schwäche / und stosse also in derselben fort / wie die Figur Num. VIII. zeiget. Man kan
 
ihm auch die quarta under dem Arm nachstossen / wie im tempo-stoβ zusehen / aber die lincke Hand
 
muβ vorgehalten werden dem Feind etwa ein contra tempo zuverhindern.
 
  
Was die Parada unten in der Secund belanget / procedirt man also.
 
 
So man sich mit seinem Widersacher in der secunda befindet / und derselbige darinn einen
 
stoβ wird auβstrecken / muβ man denselben unterwerts in der secunda, die Hand fast an die prima
 
gewendet / pariren, wie die Figur Num. XIII. zeigt / und ihme oben übern Arm in der quarta
 
nachstossen / wie in dem tempo stoβ Num. LII. zusehen ist / dabey aber muβ mit der lincken Hand
 
herzu geruckt und unten wohl achtung gegeben werden / daβ man des Feindes contra stoβ parire und
 
mit der Hand abwende / und nicht zugleich mit dem Feind verletzt werde.
 
 
In der secund in die höhe zu pariren.
 
 
Befindet man sich mit seinem Feind in der tertia oder quarta, und er darin einen stoβ will
 
übern Arm versetzen / so beuge man geschwind den Leib und die Knie wie auch das Haupt niedrig /
 
die Hand in der höhe nach der secund zu / wie in der Figur Num. XIV. vorgestelt ist / so wird der stoβ
 
überhin gehen / und an des Feindes Leib sich unten eine blöβ finden / so er nicht in acht nimbt / alsdan
 
last man die Kling auβwerts unter dem Arm nur durchsincken / und versetze ihm also eines in der
 
secunda, wie vornen Num. X. zusehen ist.
 
 
In allen diesen stössen und paraden ist wohl zu mercken / daβ man sich nach gethanem stoβ
 
so bald zu rück ziehe / und sich widerumb in einer guten postur befinde.
 
 
|-
 
|-
|
+
| [[File:L'Ange 1664 53.png|400px|center]]
|
+
|  
|'''Cap. IX.'''
+
| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/39|2|lbl=-}}
  
Auff was manier man die Kling engagiren sol.
 
 
Vor allen dingen ist wohl zu mercken / wan man dem Feinde seine schwäche gewinnen will /
 
daβ mans mit seiner stärcke auff des Feindes schwäche mit grosser behutsamkeit thue / dan man muβ
 
dem Feind die Kling nicht zu hart stringiren, auff daβ man sich nicht selber zuviel entblösse / und dem
 
Feind dardurch gelegenheit gebe / so wohl in so vorfallender blösse zu caviren als auch zuzustossen /
 
wie droben schon in Cap. V. gemeldet worden.
 
 
|-
 
|-
| class="noline" |  
+
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| class="noline" |  
+
|  
| class="noline" | '''Cap. X.'''
+
| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/39|3|lbl=-}}
 
 
Von der einfachen cavationen, und darein zu stossen / und zwar der erste stoβ in die quart.
 
 
 
So man sich mit dem Feind zugleich in der auβwendigen Tertz befindet / muβ man / wan der
 
Feind die Kling engagiren will / fort rucken / die erste motion die er thun wird / wohl observiren, in
 
deme Er die Kling zu gewinnen vermeint / so bald suchen ihme solche zu entfüren / durch caviren,
 
und ihme die quart inwendig stossen / wie die Figur Num. XV. zeiget und so bald der stoβ geschehen /
 
die mensur brechen und sich in vorige postur bringen / daβ man dem Feind desto besser wieder
 
begegnen kan.
 
 
 
Der cavation-stoβ in der Tertz.
 
  
Lieget man beederseits inwendig in der quart, und der Feind die Kling darin engagiren will /
 
so verliehre man das tempo ja nicht / sondern nehme sich wahr / daβ so bald er die Klinge nur anrühret
 
/ man unten durch cavire, und ihme in die blöse (die er / in dem er die Kling seiner meinung nach
 
nicht findet / und sich verfähret / überflüssig gibt) die Tertz übern Arm stosse / wie in beygefügter
 
Figur Num. XVI. zu sehen / alsdan nach geschehenem stoβ die mensur breche / und sich in vorige
 
postur wieder zur defension stelle.
 
 
Der cavation-stoβ in der secunda geschiehet also.
 
 
Wan man etwan mit dem Adversario zugleich in hoher postur stünde / daβ die Spitzen der
 
Degen gegen dem Gesicht gerichtet / und der Feind sein Rapier sincken liesse / einem die Kling unden
 
engagiren, selbige auffheben und einen stoβ versetzen wolte / so seye man vorsichtig / cavire
 
geschwind und versetze ihm also eines in der secunda unterm Arm / wie die Figur Num. XVII.
 
darthut / breche alsdan die mensur, und erhebe den Degen unten in die höhe nach der secunda, damit
 
der Adversarius nicht etwan in derselbe einen nachstoβ volbringe.
 
 
Desgleichen wan der Adversarius einem die Kling in der secunda oben herunter trucken oder
 
engagiren wolte / so kan man gleichfals durch caviren, und ihm in der secunda oben übern Arm
 
wieder hinein stossen / wie Num. XXVIII. gesehen wird.
 
 
|}
 
{{master subsection end}}
 
 
{{master subsection begin
 
| title = Chapter 11-20
 
| width = 90em
 
}}
 
{| class = "master"
 
 
|-
 
|-
! <p>Images<br/></p>
+
| [[File:L'Ange 1664 11.png|400px|center]]
! <p>{{rating}}<br/></p>
+
|  
! <p>Transcription<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|41|lbl=22}}
|-
 
|
 
|
 
|'''Cap. XI.'''
 
  
Fainten zu machen.
 
 
Erstlich / so man wird dem Feind die Kling engagirt haben / es sey in welcher Guardia es
 
wolle / und zugleich einige blösse for sich sehen / ist es in der quarta, so gehe man von des Feindes
 
Klinge ab / battire mit dem rechten Fuß / als wolte man ihm einen stoß nach der lincken seyten thun /
 
wie beygehende Figur Num. XVIII. bezeiget / wird er sich verführen lassen / und die Fainte pariren
 
wollen / so cavire man geschwind unter der Klingen durch / versetze ihm einen stoß in der Tertz über
 
den Arm / und breche darauff geschwind die mensur, damit man sich wieder in der rechten positur
 
befinde / und vor des Feindes nachstoß sicher sey.
 
 
Zweitens / solte der Feind einem die Kling in der quart engagiren, so wird er gnug blösse auff
 
beede theilen machen / alsdan cavire man unter der Klinge durch / und mache ihme eine fainte in der
 
tertia, als wolte man ihm übern Arm stossen / wie beygefügte Figur Num. XIX. præsentirt; Wird er
 
sich dan verführen lassen / und selbe abwenden wollen / so cavire man abermahl unten durch / stosse
 
ihm eine quart mit wohlgetrehetem Leib inwendig / halte die lincke Hand alzeit vornen in
 
bereitschafft / wie bereits in der / mit Num. VIII. bezeigneten Figur gemeldet / damit einen contra-stoß
 
oder volte zu verhindern / und bringe sich nach vollbrachtem stoß wider in gute defension.
 
 
Drittens / wan man des Feindes Kling in der secunda, und zwar die schwäche wird gewonnen
 
haben / so gehe man mit steiffem Arm von der Klingen ab / und mache ihm eine fainte in der secunda
 
nach dem untern Leib / wie neben gesetzte Figur Num. XX. lehret / jedoch nicht zu nieder / daß er
 
nicht oben hinein zustossen / wie im tempo-stoß Num. LII. oder zu voltiren vortheil gewinne / wie
 
Num. XXXVIII. zeiget; wird er dan darnach greiffen und pariren wollen / so erhebe man die Klinge
 
oben hinein / und versetze ihm hurtig einen stoß über seinen Arm in der quart, wie an gemelter LII.
 
Figur zu sehen / auch muß die mensur, wie schon vielmahl gedacht / mit außgestrecktem Arm nach
 
dem stoß also bald gebrochen / und widerumb fester Fuß gesetzet werden.
 
 
Was aber Viertens die Fainte in die höhe nach dem Kopff zumachen belangt / ist wohl zu
 
observiren, wan man sich in einer hohen Guardia oder secunda befindet / und die Spitz nach des
 
Feindes Kopf zu / oder etwas höher gerichtet hat / da man eine secund underwerts zustossen / mehr
 
gelegenheit finden wird / als anderswo / daß man alsdan geschwind unter des Feindes Klingen durch
 
cavire und ihme eine fainte unten an seine Klinge in die höhe nach seinem Haupt mache / wie sich
 
gegenwertige Figur Num. XXI. erzeiget / dan wird er solche zu pariren sich mit der Klingen erheben /
 
so muß man stracks mit der seinigen herunter fallen / und in der secunda zustossen / welche secunda
 
jedoch mit gar niedrigem Leib will gestossen werden / umd dem Feind desto besser unter die Klinge
 
zukommen / wie droben in den Hauptstössen zusehen; Nach geschehenem stoß erhebe man geschwind
 
die Kling im mensur-brechen / damit man bald des Feindes Kling / umb seinen vorhabenden nachstoß
 
zu verhindern / wider finde / welches man in allen stössen billich observiren soll.
 
 
|-
 
|-
|
+
| [[File:L'Ange 1664 12.png|400px|center]]
|
 
|'''Cap. XII.'''
 
  
Doppelte Fainten zu machen.
+
[[File:L'Ange 1664 09.png|400px|center]]
  
Befindet man sich mit seinem Adversario in einer geraden postur, und hat etwa gelegenheit
+
[[File:L'Ange 1664 08.png|400px|center]]
oder blösse ein fainte übern Arm zu machen / auch die quart inwendig zustossen gesinnet ist / und
+
|
man aber verspühret / daß der Feind die fainte wie auch den stoß pariren wird / so mache man ihm mit
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|43|lbl=24}}
einer ansehnlichen action die erste fainte außwendig nach dem Arm / cavire alsdan widerumb unten
 
durch / und mache ihm die zweyte fainte oder halben stoß inwendig starck in die quart, wie
 
beygesetzte Figur Num. XXII. bezeigt / so wird er darnach greiffen / und destomehr blöß übern Arm
 
geben / und man also ihn darin leichtlich / weil er zur dritten parade nicht so geschwind gelangen mag
 
/ verletzen könne. Welcher stoß schwer zu pariren ist.
 
  
Die doppelte fainte nach dem Haupt ist / wan man mit dem Feind in der secunda lieget / und
 
er starcke wiederpart helt / so cavire man under seiner Klingen durch / mache ihm die erste fainte
 
unten an seine Klinge nach dem Haupt zu / erhebe dieselbe / daß er die unterste Fainte zu pariren
 
eifferig gemacht werde / gehe so dan also bald von der Klingen wieder ab / und mache ihm die andere
 
fainte nach dem unter-Leib in der secund, wie gegen überstehende Figur Num. XXIII. in hält / so
 
vermeint er / man wolle ihm einen stoß alda versetzen / und suchet selbigen zu pariren, alsdan kan
 
man wieder herüber caviren, und ihme eine quart übern Arm inwendiges Leibes stossen / wie an der
 
LII. Figur zusehen. Man kan auch wohl die secund nachstossen / aber mit der lincken Hand muß man
 
des Feindes Degen abzuwenden / sehr geschwind sein.
 
 
In andern stössen können solche doppelte fainten nicht gebraucht werden / dan sie unbequem
 
und sehr gefährlich sind.
 
 
|-
 
|-
|
+
| [[File:L'Ange 1664 13.png|400px|center]]
|
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|  
|'''Cap. XIII.'''
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|45|lbl=26}}
 
 
Welcher gestalt man die doppelte Paraden machen sol.
 
 
 
Solches ist sehr nothwendig zu wissen / auß uhrsachen / weil sie sehr schwer zu pariren
 
seind / dan viel / wan sie einen stoß thun wollen / machen bald einen gantzen / bald halben stoß / oder
 
gar eine fainte: damit aber der Feind auß der postur gebracht werde / so muß man sich / in dem er
 
inwendig in der quart einem an der Klingen lieget / über den Arm einen halben stoß thut / zugleich
 
wieder durch caviret, und die quartam inwendig zustossen suchet / wohl vorsehen / daß man sich nicht
 
zu weit nach solchem stoß verfahre / sondern geschwind bereit seye / die quart auch inwendig zu
 
pariren und nachzustossen / so an der Figur mit Num. XXIV. bezeignet / zusehen.
 
  
Desgleichen ist zu observiren, wan man sich mit dem Feind außwendig in der tertz befindet /
 
und er eine fainte oder halben stoß inwendig in die quart macht / und doch den stoß übern Arm sucht
 
zuvolbringen / daß man geschwind inwendig mit der Paraden und steiffer Faust seye / wird er alsdan
 
durch caviren und übern Arm stossen wollen / so parire man den stoß mit der stärcke und steiffem
 
Arm / wie die Figur Num. XXV. weiset / dan wird man blösse finden / ihme die tertz übern Arm
 
nachzustossen / wie Num. IX. zeiget. Man kan auch auß der tertz nach der secund in die höhe pariren /
 
wie Num. XIV. zusehen / und dem Adversario alsdan eine secund underm rechten Arm nachstossen.
 
 
Die doppelte Parade in der secunda ist / wan man alle beede in der secunda gelagert / und der
 
Feind unten einen stoß darin thun will / so trehe man geschwind die Hand mit dem Degen unterwerts /
 
und parire denselbigen / wird alsdan der Feind den zweyten stoß oben übern Arm nach der Brust oder
 
Kopff zustossen / so erhebe man seine Faust mit dem Degen in die höhe / nach besag der XXVI. Figur /
 
so wird der stoß übern Kopff hinweg gewiesen / und erzeiget sich an dem Feind unten in der secunda
 
eine blösse / darin gar leicht und zierlich hinein zustossen ist. Gleicher gestalt ist in der secunda
 
zumercken / so der Feind einem den stoß wolte nach dem Kopff thun / so laß man sich nicht verführen
 
/ sondern parire oben den ersten / und unden in der secunda den zweyten stoß / und seye die quartam
 
und secundam nachzustossen / und hernacher die mensur zubrechen / zugleich bereit.
 
 
Diese doppelte paraden solten billig den einfachen gleich nachgesetzt worden sein / weil sie
 
aber den angehenden gar schwer zu volbringen vorkommen / habe ich vor gut angesehen / solche /
 
weil durch die fainten die Faust etwas hurtiger gemacht wird / selbigen nach zusetzen.
 
 
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|'''Cap. XIV.'''
 
  
Wie man sol an der Klingen in zwey tempo hinweg stossen / so die rütschende Stöβ genand werden.
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Alhier muβ des Feindes positur wohl observirt werden / wo er die beste occasion den gefasten
 
stoß zu volbringen / geben wird; Findet man inwendig blösse in der quart, und die spitz seines Degens
 
auffwarts nach eines Kopff gerichtet / so stosse man ihm mit der stärcke an seine schwäche / und laß
 
den stoß in der quart an der Klingen fortrutschen / so wird seine Kling gedempft / und man kan desto
 
besser den stoß vollbringen / wie die Figur sub Num. XXVII. klärlichen darthut / wird er caviren, so
 
thue wie in folgender tertia gemeldet wird.
 
 
So er aber blösse in der tertia giebet / und die spitz seines Degens auffwarts stehet / so stosse
 
man ihm auch außwendig an seine schwäche / bleibt er dan ohne cavation stehen / so wende man die
 
Hand ein wenig nach der secunda zu / und lasse den stoß geschwind fortgehen / und verletze ihn übern
 
Arm / wie bey vorhergehender IX. Figur gelehret worden / nur daß die Hand etwas mehr in die
 
secunda gewendet wird / cavirt er aber durch / so parire in der quart, und stosse in derselbigen nach.
 
 
Lieget der Feind aber in einer hohen postur, als in halber secunda, und man noch etwas blöß
 
oben übrig hat / so stosse man an seine Klinge nach dem Kopff / bleibt er stehen / so laß man die
 
Kling fortrutschen / die Spitz sincken / und vollführe geschwind den stoß oben über in der hohen
 
secunda, man muß aber die lincke Hand unter der Klingen lassen / damit des Feindes contra-stoß
 
unter dem Arm hinweg abgewendet werde / wie die XXVIII. Figur præsentirt, dieser stoß wird auch
 
gar nett im passiren angebracht.
 
 
Endlich / wan man seinen Widerpart in der niedrigen quart lieget / die Spitz seines Degens
 
tieff ausser der geraden Linien / und unterm Arm eine blösse siehet / so stosse man ihme einen halben
 
stoß in der quart an seine Klinge / wie erst gemeldt / wird er dan mehr blösse geben / alsdan stosse
 
man geschwind solche quart unterm Arm fort; Hier ist aber wohl zu mercken / daß man in allen
 
solchen stössen die lincke Hand bereit halte / des Feindes Degen zu ergreiffen / oder doch zum
 
wenigsten seinen contra-stoß zu verhüten / wie im tempo-stoß Num. LII. zusehen.
 
 
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|Cap. XV.
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Wie man soll einen halben stoß oder apell an die Klinge mache / dem Feind dardurch zum stossen
 
anlaß zugeben.
 
 
 
Will man dem Feind außwendig in der tertz eine apell an seine schwäche machen / wie Num.
 
XXIX. zeiget / daß er etwa darauff caviren, oder inwendig eine quart stossen solte / so muß man ihme
 
solche zu pariren, und die quart inwendig nachzustossen bereit sein. Man kan auch wohl in der quart
 
ein wenig niderig pariren, und dem Feind untern Arm eine quart, wie Num. LIII. geschiehet / stossen /
 
aber da muß man sehr vorsichtig sein / mit der lincken Hand allezeit vnfern / so des Feindes Kling
 
avanciret und seinen contra-stoß verhüten / dan wo er seine Hand in die secund würde wenden / könte
 
er einen gar leicht verletzen / wie im tempo-stoß Num. LIV. wird zusehen sein.
 
  
Befindet man sich aber zugleich mit dem Feind in der quarta, so thue man einen kleinen stoß
 
an seine schwäche / undgebe ihme ein kleine blösse übern Arm / wie die XXX. Figur præsentirt, wird
 
er durch caviren, und eine tertia suchen zustossen / so halte man sich bereit selbige zu pariren, und
 
ihme übern Arm solche geschwind nachzustossen / wird er sich aber verfahren und in der secunda in
 
die höhe pariren, so lasse man den Degen sincken / und stosse ihme eine secunda außwerts untern
 
Arm hinein / wie Num. X. vorgestellet ist.
 
 
Des / so sich der Feind eines hohen Lagers gebrauchet / und man die mensur gewonnen / kan
 
ihme ein halber stoß oder appelle unten an seine Kling nach dem Kopff zu gemacht werden / wird er
 
alsdan herunter caviren und einen stoß in der secunda wollen vollbringen / so parire man selbigen mit
 
umbgewendeter Hand / wie die Figur Num. XIII. lehret / und stosse ihme so bald eine quarta oder
 
scunda inwendiges Leibes übern Arm nach / wird er sich aber nicht bewegen lassen und fest stehen
 
bleiben / so stosse man ihm die secunda unter seinem rechten Arm hinein.
 
 
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|'''Cap. XVI.'''
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Wie man soll die Appellen von der Klingen machen.
 
 
 
Diese Appellen habe ich mit keinen Figuren bezeichnen / sondern / weiln sie den fainten
 
gleichformig seind / und fast eine Figur machen / außgenommen / daß man geschwind wider an die
 
Klinge schlägt und in derselbigen blösse fortstosset / nur etwas weniges davon reden wollen / und sind
 
deren nur zwey / als in der secunda und quarta. Wan man sich nemlich mit seinem Adversario in der
 
secunda befindet / so gehe man von seiner Klinge ab / und mache ihm eine appell nach seinem unterLeib
 
/ wie an der fainten Num. XX. zusehen / wird er sich nicht verführen lassen / so thue man ihm
 
wieder einen stoß in die höhe / oder schlag an seine Kling / fahre alsdan herunter / und verletze ihn in
 
der secunda, wie Num. X. Weiset.
 
  
Die appell in der Quarta geschiehet also / so bald die mensur und des Feindes Kling in der
 
quarta gewonnen / so mache man ihme einen appell von der Klingen nach dem lincken Arm zu / und
 
sehe / ob er in seiner postur bestehen oder sich verführen lassen wolle / verfähret er sich / so cavire
 
man und stosse die tertz übern Arm wie Num. IX. bleibet er aber still liegen / so battire man mit der
 
stärcke an seine schwäche / wie Num. XXX. und versetze ihm einen stoß inwendiges Leibes in der
 
quarta, wie Num. VIII. demonstrirt. In allen diesen appellen, so wohl an als von der Klingen / ist
 
zumercken / daß allezeit der Leib / Hand und Fuß in einem tempo battire, appellire und ein wenig
 
fortrucke.
 
 
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|'''Cap. XVII.'''
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Wie man die Kling stringiren und ligiren sol.
 
 
Solches wird auff folgende weise verrichtet; Man gehe so bald anfangs dem Feind mit steiffem
 
Arm an seine Klinge / es seye gleich in der Tertz, quart oder secunda, wo man seine Klinge am
 
vortheilhafftigsten finden kan / auff daß er selbiger nicht mehr mächtig / und dardurch sein Arm
 
geschwächt / zu rück getrieben / oder ihme gar ein stoß versetzt werden möge: Desgleichen ihm
 
ligiren, wan man seinen Feind mit außgestrecktem Arm noch in der rechten mensur siehet vor sich
 
stehen / so halte man ihm nicht weit von der Klingen / ehe er sich dan dessen versehen wird / engagire
 
man ihm die schwäche seiner Klingen in der quarta, trehe selbige geschwind biß in die secunda
 
herumb / wie beygefügte XXXI. Figur bezeuget / und versetze ihm also mit außgestrecktem Arm
 
darinn einen stoß; dasern er aber die mensur brechen / und einen tritt zurück thun würde / auch man
 
etwan des Feindes Kling noch nicht recht gefast hätte / so trette man mit beeden Füssen im ligiren
 
herzu / daß der Feind nicht bald entweiche / biß man ihm einen stoß in der quart oder secunda über
 
den Arm habe beygebracht; Solte er aber in dem man ligiret, caviren, so muß man entweder mit
 
erhebung deß Degens zurücksetzung des Füsses oder einen sprung in vorige rechte postur wider
 
zurück zu kommen trachten / jedoch mit erhabener Kling und steiffem Arm gegen des Feindes Leib
 
zu. Diese ligation kan auch / in dem der Feind stöst / mit einem zutritt gemacht und ihme ein stoß in
 
der quart über den Arm angebracht werden.
 
 
Obige ligationes nun alle von sich abzuwenden / muß man die Klinge des Feindes / in dem er
 
ligiret, die Hand lassen sincken oder ablauffen lassen / wie die Figur Num. XLV. præsentirt, ein sprung
 
zurück / und einen hieb von sich thun / so kompt man wieder auß der gefahr.
 
 
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|'''Cap. XVIII.'''
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Wie man sol ausser der mensur attaquiren.
 
  
Dieses geschiehet / wan man sich weit von dem Feind mit seiner schwäche auff des Feindes
 
schwäche befindet / und ohne fortsetzung des rechten und lincken Fusses nicht verletzen kan / wie
 
Num. VI. zeiget / so muß man in solcher action geschwind sein / und einen tritt in die mensur thun /
 
daß man mit der stärcke des Feindes schwäche erlangen möge / welches in allen stossen practicirt
 
werden kan / nemblich / lieget der Feind in die tertia an eines schwäche / so cavire man durch / und
 
gewinne die Kling in der quarta, wie die Figur Num. XXXII. darstelt / trette dan gleich zu / und
 
versetze ihm in derselben einen stoß inwendiges Leibes; Bezeiget er sich ferner in der quart an der
 
schwäche / so cavire man durch / und gewinne seine Kling in der tertia, versetze ihm darin einen stoß
 
über den Arm / oder außwendig darunter in der secunda. Solte er aber hoch liegen / daß seine spitze
 
nach eines Gesichte gerichtet were / so cavire man durch / rücke den Fuß fort / gewinne seine
 
schwäche / lasse den Leib sincken / und bringe ihm einen stoß in der secunda des untern Leibes an. In
 
allen diesen stössen aber ist wohl zumercken / daß man nach dem stoß seinen Leib geschwind zurück
 
ziehe / dan diese und dergleichen stösse bestehen in guter disposition und geschwindigkeit / auß einer
 
postur in die ander sich zufinden wissen.
 
 
Man kan auch dem Feind im attaquiren eine fainte in die quart machen / als wolte man einen
 
stoß thun / wird er sich verführen lassen / und nach der fainte greiffen / so stosse man ihm die tertia
 
über den Arm / wie dan desgleichen geschehen kan auß der tertia in die secunda, und hernach die
 
secunda über den Arm gestossen / wie Num. XXVIII. wieder auß der quarta in die secunda, nemlich /
 
eine fainte nach dem Kopff zumachen / und wieder eine herunter nach dem unter-Leib / und nachmals
 
eine hinauff / als dan die quarta über den Arm behendt zugestossen.
 
 
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|'''Cap. XIX.'''
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Welches besser sey / mit einem sprung oder zweyen Tritten sich zurück salviren.
 
 
Solches hab ich in Italien / Franckreich / Engelland / Holland und Teutschland von
 
unterschiedlichen Fechtmeistern gesehen und erfahren / der eine befindet es gut / daß man sich nach
 
dem stoß mit zweyen schritten / der ander aber / mit einem sprung zurück reterire; Welches erste ich
 
zwar nicht verachte / so es zu gelegener zeit beschiehet / als wan man verspühret / daß der Feind
 
einem nachzueylen nicht zugeschwind ist / oder so man sich auff den Beinen zum sprung zu schwach
 
befindet / dan kan man sich / dieweil es nicht anderst sein mag / der zweyen Schritten bedienen:
 
Meines orths aber finde ich besser / wo man sich in einer guten postur, und dem Feind geschwind
 
befindet / daß man nach dem stoß einen sprung zurück thue / von sich haue / und dem Feind desto
 
bessern wiederstand zuthun sich wieder in seine richtige postur bringe / all dieweil der stoß geschwind
 
fortgesetzet wird / und der Leib leichtlich einen Fehler begehen mag / zumahl dem Feind nicht
 
zutrawen / ob er sich schon langsam anläst / wird er doch einen zu übereilen und nachzustossen
 
trachten / welches dan die geschwindigkeit des zurücksprungs verhindern kan.
 
 
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| class="noline" |  
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| class="noline" | '''Cap. XX.'''
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Wie man sol Passaden machen / auß was ursachen / und zu welcher zeit.
 
 
 
Erstlich / so seind die Passaden nothwendig / wan man siehet / das der Adversarius allzeit die
 
mensur bricht / und man ihn nicht erreichen kan / alsdan ist guth zu passiren, es seye in welcher
 
postur es immer wolle; Zweytens / so ist auch nötig zu passiren, wan man sich etwa an einer Mauer /
 
Wasser / Haag / Berg / Graben / oder dergleichen befindet / alsdan ein sprung auff die lincke seyte
 
gethan und passiret, daß man wieder auff freyen Fuß kommen möge: Item / wo man siehet / daß sein
 
Adversarius einen succurs bekompt / daß man sich resolvire, und ihme vorsichtiglich auff den Leib
 
passire, damit man nicht hernach mit zweyen Feinden zustreiten habe.
 
  
Die Passade in der tertia.
 
 
So bald man nun passiren will und sich mit dem Adversario in der quart befindet / so
 
stringire man dessen schwäche ein wenig / und mache ihm eine fainte in die quart, würde er sich dan
 
verführen lassen / so cavire man durch / und passire in der tertia übern Arm / wie die Figur Num.
 
XXXIII. dargibt / wird er still liegen / so verwende man die Hand in die secunda, passire inwendig auff
 
seine Brust / und stoß ihm den winckelstoß / welcher in contra tempo Num. LIV. wird zusehen sein.
 
 
Die Passade in der secunda oben übern Arm.
 
 
Wan sich der Feind in hoher postur præsentirt, und man ihm eine fainte unten an seiner
 
Klinge nach dem Kopff machet / auch befindet / daß er oben übern Arm blösse gibt / und also liegen
 
bleibt / so lasse man nur die Spitz sincken / erhebe die Faust / halte die lincke Hand wohl vor / und
 
passire ihm oben in der verfallenen secunda hinein / wie die XXXIV. Figur lehret; Hette aber der
 
Adversarius eines Kling in der quart gewonnen und seine spitze sich etwas hoch befünde / cavire man
 
unten durch / und mache ihm außwendig in der tertz eine fainte an seine Kling / wird er still liegen / so
 
wende man die Hand etwas nach der secunda zu / und passire ihm steiff übern Arm. Er kan auch mit
 
der fainten verführet werden / in deme man sich stellet / ob wolte man unten durchgehen / und
 
passiret doch hernach / in deme er sich verfähret mit steiffem Arm in der secunda oben hinein.
 
 
Die Passade unten in der secunda.
 
 
Befindet man sich dan beederseits in hoher secunda, so cavire man unten durch / und mache
 
dem Feind eine fainte an seine schwäche nach dem Kopff / bleibt er also still liegen / so lasse man die
 
spitz in die secunda sincken / passire ihm geschwind mit gebogenem Leib / und verletze ihn untern
 
Arm / wie Num. XXXV. zusehen. Man kan auch versuchen den Feind zuverführen mit einer fainte
 
unten nach der secunda zu / wird er aber still liegen / und etwa auff einen contra-stoß warten / so
 
erhebe man unten die Kling mit einem appell, verhindere damit sein vorhaben / und passire gleichfals
 
unten in der secunda fort.
 
 
Wie man sich in diesen Passaden, welche ihren uhrsprung vom Puniart fechten herhaben / der lincken
 
Hand / an desselben statt / bedienen sol.
 
 
Ferner / so man sich beederseits in der hohen secunda gelagert / wie Num. I. zeiget / und
 
einem der Adversarius darin stringiret, so halte man die lincke Hand vor / lasse ihn die Kling ein
 
wenig gewinnen / alsdan mit der lincken Hand / die cavation oder contra stoß zu verhindern / an seine
 
schwäche gegriffen / seinen Degen auff die seite getruckt / die Kling mit steiffem Arm lassen sincken /
 
und geschwind in der secunda übern den lincken Arm passirt, wie die Figur Num. XXXVI. darthut / so
 
wird er unversehener weiß beschädigt / dan er in der meinung gestanden / der stoß würde unterm Arm
 
fortgehen / und er ihn mit der Hand pariren können. Befindet man sich aber zugleich in der quart, so
 
mache man eine fainte oder appell an des Feindes schwäche / so er nicht cavirt, greiffe man mit der
 
lincken Hand herzu / trucke seinen Degen auff die seyte / und passire ihm inwendig in der quarta mit
 
steiffem Arm fort / so ist er leichtlich zuverletzen / worin er sich übervortheilet befunden.
 
 
|}
 
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| title = Chapter 21-30
 
| width = 90em
 
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! <p>Images<br/></p>
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! <p>{{rating}}<br/></p>
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|  
! <p>Transcription<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
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|'''Cap. XXI.'''
 
 
 
Von der Volten, wan / und wie sie zumachen.
 
 
 
Viele halten groß auff die volten, und gebrauchen sie öffters / welche gleichwohl im scharff
 
fechten nicht so leichtlich angehen oder gebräuchlich seind / dan es gar gefährlich ist dem Adversario
 
den Rucken zu wenden / wans aber die nothturfft erfordert / und man sich etwa an einer Maur oder
 
sonst verhinderlichem orth befindet / da man nicht weichen kan / mögen sie auff ein: oder andere
 
manier angebracht werden.
 
 
 
Als / so einem der Adversarius grosse blöß und winckel übern Arm machte / so vertrehe man
 
im stoß den Leib / voltire ihm mit der quart übern Arm / wie die Figur Num. XXXVII. außweiset / und
 
mache eine halbe / oder gantze volte mit gantz umbgetrehetem Leib / damit man den Feind wieder ins
 
Gesicht vor sich bekomme / und den Degen ihm noch einmahl auff die Brust setze: Man hat sich
 
hierinnen wohl wahr zunehmen / daß der Feind nicht etwa laure / die volte lasse ablauffen / und
 
dardurch den Degen mit seiner lincken Hand erreiche / wie die Figur Num. XLV. außweist / oder
 
selbigen wohl gar auß der Hand reisse / welches er auff solche weise gar wohl thun kan.
 
 
 
Die Volte inwendig in der quart.
 
  
Wird der Adversarius mit einem zugleich in der quart, und mit seiner spitzen etwas hoch
 
liegen / so mache man ihm eine fainte an seine schwäche / wird er still liegen und nicht caviren, so
 
stosse man die quart inwendig fort und voltire darauff / wie die XXXVIII. Figur vor Augen stellet /
 
also / daß man ihm hart an Leib komme / damit er etwan einen stoß zu vollbringen / nicht platz habe /
 
man kan auch gleich nach der volte seinen Degen zu sich ziehen / mit herumbtrehung der Hand dem
 
Adversario auff seine Klinge / selbige dardurch zu schwächen / sein vorhaben zu verhinderen / und
 
sich zu salviren, einen starcken Hieb thun; So er aber caviren, zurück tretten / und einen im voltiren
 
empfangen / wie Num. XLI. oder gar disarmiren wolte / welches er gar leichtlich thun kan / wie Num.
 
XLIII. zusehen / alsdan thue man einen Hieb von sich auff des Feindes Klinge / retrahire sich mit
 
einem sprung / und stelle sich wieder in gute defension. Diese volte kan auch in verfallener quarta,
 
wan der Feind gar hoch mit dem Gefäß liegt / inwendig angebracht werden.
 
 
Die Volte untern Arm.
 
 
Diese volte kan also practicirt werden; Wan der Feind außwendig unterm Arm blösse gibt /
 
ein falsch Lager hat / und einen dahinein zustossen verursachet / so mache man ihm eine fainte an
 
seine schwäche / verendert er sich dan nicht / so voltire ihm geschwind in der quarta mit umbwendung
 
des Leibes in die blösse hinein / wie die Figur Num. XXXIX. thut / man sehe sich aber im voltiren wohl
 
vor / daß der Adversarius nicht etwa einen contra-stoß in die volte thue / welcher mit umbwendung
 
der Hand in die secunda geschiehet / wie Num. LIV. zusehen / oder sonsten seinen vortheil in acht
 
nehme / wie oben gemeldt.
 
 
Die contra volte.
 
 
Man kan auch die volten gebrauchen / wan der Adversarius einem die quarta übern Arm
 
anbringen will / so cavire man geschwind unten durch / und voltire contra, wie Num. XL. zusehen /
 
will er aber eine tertia stossen oder passiren, so cavire und voltire man unten durch eine gantze volta.
 
Meines orths verwerffe ich nicht allerdings die volten, allein sie wollen mit grosser behutsamkeit
 
gemacht werden / auch stehen sie zierlich / sind gut einen geschwinden Leib zumachen / und lehren
 
den Leib hurtig wenden und trehen / auch zuweilen dem Adversario einen stoß außweichen / und ihme
 
sobald solchen zu versetzen.
 
 
Wie man sich gegen die Volten verhalten und den Adversarium empfangen sol.
 
 
Diese volten können alle verhindert werden / so man wohl in acht nimbt / wan der Feind zu
 
voltiren gesinnet / und in deme er voltiret, mit dem rechten Fuß hinder sich tritt / den Degen zurück
 
ziehet / und alsdan des Feindes volta oder Degen mit der lincken Hand pariret; Auff solche weise kan
 
man dem Feind wiederstand thun / seinen stoß verhindern / und ihm dargegen einen in den Rucken
 
versetzen / wie an der XLI. Figur deutlich vorgestellet ist.
 
 
|-
 
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|
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|
 
|'''Cap. XXII.'''
 
  
Welcher gestalt man den Degen / so man hat passiret, sessiren und ergreiffen sol.
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[[File:L'Ange 1664 08.png|400px|center]]
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So bald man passiret, man habe getroffen oder nicht / oder der Adversarius eine passade
 
anbringen wollen und sich verstossen hette / so ergreiffe man dessen Degen geschwind mit der lincken
 
Hand / alsdan ziehe man den Degen mit dem Arm zurück / und præsentire dem Feind denselbigen
 
nach dem Leib zu / strecke den rechten Schenckel auß / biege das lincke Knie / daß man ihme zu
 
resistiren starck gnug seye / nochmals muß man mit der lincken Hand den Adversarium von sich
 
halten / und ihn nicht herbey ziehen / wie andere informiren, dan ja der Feind von sich selber mehr zu
 
einem eylen wird / als man begehret / und wan man dan seinen Leib zurück helt / und das lincke Knie
 
steiff macht / so kan der Adversario einem gar leicht auff die Erde werffen / oder einem daß Bein
 
zerbrechen / dessen kan man sich in underschiedenen stössen und Passaden, vornemlich aber in der
 
tertia bedienen / wie die XLII. Figur vorbildet.
 
 
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|-
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+
| [[File:L'Ange 1664 20.png|400px|center]]
|
 
|'''Cap. XXIII.'''
 
  
Wie man den Feind auff underschiedliche manier desarmiren, und wan dieses geschehen sol und kan.
+
[[File:L'Ange 1664 52.png|400px|center]]
  
Vors erste ist wohl zumercken / wan einem der Adversarius einen langen stoβ inwendig in der
+
[[File:L'Ange 1664 38.png|400px|center]]
quarta zu versetzen gesinnet / so stöst er offt also lang auβ / daβ er nicht geschwind wieder zurück
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|
kommen kan / oder gar den Fuβ und das lincke Knie nieder zur Erden legt / wie etliche zu ihrer
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| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|59|lbl=40}}
verderblichkeit informirt werden / alsdan nehme man das tempo wohl in acht / das im pariren dem
 
Adversario die Kling etwas in die quer auff die seine komme / trette so dan mit dem rechten Fuβ
 
ferner inwendig fort / daβ man ihme mit der lincken Hand seinen Degen unterm Gefäβ ergreiffen
 
möge / trucke des Adversarii Kling starck unterwarts / und ziehe mit der lincken Hand zu sich / so
 
wird man dessen Degen mit geringer mühe überkommen / wie an gegenwertiger Figur Num. XLIII.
 
gezeiget wird. Hier sehe man sich wohl vor / daβ sich der Feind nicht seiner geschwindigkeit bediene /
 
seinen Leib etwan / in dem man den Degen ergreifft / und meinet gar sicher zusein / umbtrehe / eines
 
Arm auff die Axsel trucke und gar zerbreche / wie an der / mit Num. L. bezeigneten Figur practicirt
 
wird.
 
 
 
Den Feind / nach dem man ihm übern Arm gestossen / zu disarmiren.
 
 
 
Zweytens / so man dem Adversario eine tertia oder quarta übern Arm wolte anbringen / so
 
trette man gleich nach dem stoβ mit dem lincken Fuβ herzu / ergreiffe des Adversarii Degen / und
 
trucke selbigen auβwerts über die Kling herumb / so wird sich seine Hand eröffnen / und er dadurch
 
gezwungen / den Degen zu quittiren, oder schaden leyden an seiner Hand / wie Num. XLIV. dociret,
 
welches einem der mit krummen Arm fichtet / gar leicht wiederfahren kan.
 
 
 
Desgleichen geschiehet auch / wan man / wie im tempo-stoβ Num. LIII. die quarta untern Arm
 
stöβt / und die Kling des Feindes sich etwas niedrig befindet / so trucke man gleichfals mit dem Degen
 
auff selbige / trette mit dem lincken Fuβ herbey / und ergreiffe zugleich mit der lincken Hand den
 
Degen unter dem Gefäβ / und ziehe zu sich / drucke mit der rechten Hand von sich / und reisse ihm
 
also den Degen auβ der Faust.
 
 
 
Im ablauffen den Degen zu erobern.
 
 
 
Drittens / wan der Adversarius eine tertia oder quarta übern Arm will stossen / so lasse man
 
dessen stoβ inwendig nach dem Leib über der Klingen ablauffen / und führe einen streich / als wolte
 
man ihn übern Kopff oder in die Waden hawen / welches auch wohl geschehen kan / dan trette man
 
mit dem lincken Fuβ zu / und greiffe mit der lincken Hand über des Feindes Degen under das Gefäβ /
 
wie die Figur Num. XLV. bezeiget / so wird man dessen Degen bey sich unterm Arm befinden / dan
 
thue man einen harten zug mit der Faust in die höhe zu sich zu / so wird er solchen zu quitiren
 
gezwungen. Dergleichen kan man auch thun / wan der Feind übern Arm wolte stossen / es seye in der
 
tertia oder quarta, so gebe man wohl acht / daβ man / in deme er stöst / cavire, und ihm den stoβ
 
darauff nach der quarta zu in einem tempo parire, dan wird man sich auff der Klingen befinden / wie
 
oben gemelt / und ihn gar leichtlich disarmiren können.
 
  
Den Adversarium mit seinem eigenen Gewehr zuverletzen.
 
 
Letzlich / wan der Feind unten in der secunda einen stoß thun wird / so parire man in der
 
tertia überzwerg auff seine Kling / trette herzu und greiffe des Feindes Degen wohl unterm Gefäß /
 
trucke mit der rechten Hand unten wohl von sich / so wird man ihme die spitze seines Degens auff die
 
Brust bringen / und zumahl wan der Degen nicht zulang ist / also leicht verletzen können / wie die
 
Figur Num. XLVI. weiset; will man dan den Adversarium auch seines Degens berauben / so muß man
 
ihn mit der lincken Hand umbtrehen / daß er möge in die quarta gebracht werden / und also starck zu
 
sich reissen / ist aber schwer zu volbringen.
 
 
In allen diessen Lectionibus soll man sich / nach dem der Feind disarmiret, und desselben
 
Gewehr in seiner gewalt hat / mit ein paar schritten oder einem sprung zurück ziehen / alle beide
 
Degen dem Feind gegen den Leib præsentiren, damit er einem nicht etwa an Leib komme und übern
 
hauffen werffe / und endlich noch sein Meister spiele.
 
 
Obiges nun alles zuverwehren / muß man / wan der Feind nach eines Degen greiffet / das
 
contra tempo wohl observiren, die Faust geschwind in die secunda verwenden / den Degen zu sich
 
ziehen / des Feindes Degen aber mit der lincken Hand ergreiffen / und ihme den Degen vor den Leib
 
setzen / wie Num. XLII. gemeldt / solte man aber fehl greiffen / alsdan ziehe man den Arm zurück /
 
oder thue gar einen sprung hinterwarts / dardurch wird des Feindes vornehmen verhindert; Man muß
 
sich aber gleichwohl wieder in richtige postur zur defension stellen / welches die contra lection genant
 
wird.
 
 
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|'''Cap. XXIV.'''
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Wie man im passiren den Feind übern hauffen werffen / ihme Arm / oder Bein zubrechen kan.
 
 
Dieses habe ich expressè darumb wollen anzeigen / weil man mehr zum passiren als einen
 
langen stoβ zuthun / geneigt ist / welches ich zwar nicht ohneben zu sein befinde / doch zu gelegener
 
zeit und mit guter manier, dan die Passaden nicht vor jedwedern / weniger alzeit rathsamb sind / weil
 
sie mit grosser vorsichtigkeit müssen geschehen / und will mancher eher lauffen / als er gehen kan /
 
dardurch sie offt selber in die Eissen lauffen / dan der Adversarius einen zu empfangen das tempo
 
wohl observiren wird / weswegen dan im passiren wohl zubeobachten / daβ man dem Feind / so bald
 
er den stoβ empfangen / seinen lincken hinder des Feindes vorgesetzten rechten Fuβ stelle / zugleich
 
ihme einen guten streich auff die Brust oder an den Hals gebe / und ihn also zu Boden werffe / wie die
 
Figur Num. XLVII. darthut.
 
 
Den Feind im passiren zu empfangen und übern hauffen zuwerffen.
 
 
Wan aber der Feind passiren wolte / so schlage man die lincke Hand stracks vor / parire den
 
stoβ / und ergreiffe den Adversarium, oder seinen Degen / auff daβ man seinen eygenen Degen in der
 
Hand frey behalten möge / auch muβ der rechte Fuβ / den Feind damit zuschlagen / bereit stehen: So
 
bald nun der Feind ergriffen / so nehme man wahr / welchen Fuβ er vorstellet / denselben schlage man
 
von hinden her in die Kniekeehl oder Versen / und trucke ihme zugleich hart mit der Hand an den
 
vorder-Leib / wie an vorhergehender XLVII. Figur zusehen / so kan man ihn hinderwerts zur Erden
 
werffen / welches auch ohne anlegung der lincken Hand geschehen kan / wie die Figur Num. XLVIII.
 
auβweiset. Hierinnen hat man sichwohl vorzusehen / daβ sich der Feind nicht etwa des contra tempo
 
bediene / seinen Fuβ zurück ziehe / und das jenige / was man ihme zuthun willens gewesen / an einem
 
selbsten vollbringe.
 
 
Einem im passiren das Bein zubrechen.
 
 
Wan man des Feindes etwan im passiren verfehlet hette / so greiffe man mit der lincken Hand
 
zu / sessire des Feindes Waffen / und præsentire ihm den Degen nach dem Leib zu / ziehet er dan den
 
ober-Leib zu rück / und lasset das forderste Bein steiff auβgestreckt stehen / so darff man nur / wan
 
man ihn mit dem Degen nicht verletzen will / mit dem rechten Fuβ hervor rucken / ihme auff sein
 
auβgerecktes Knie tretten und in einem tritt das Bein zubrechen / wie an gegenwertiger Figur Num.
 
XLIX. zusehen; Man nehme sich in solcher occasion wohl wahr / daβ der Feind nicht etwan simulire,
 
und sich stelle / als wan er gar schwach / und sich ergeben wolte / hernach aber seinen Leib geschwind
 
herumb schwencke / und einem nachfolgende lection anbringe. Mit dieser und dergleichen lectionen
 
ist nicht zu schertzen / dan sie gar leicht ins werck können gerichtet werden.
 
 
Im sessiren dem Feind einen Arm oder den Hals zubrechen.
 
 
Diese Lection ist zu gebrauchen / wan man sich etwan verstossen / oder der Feind zu getretten
 
wehre / und einem den Degen am Gefäβ oder nahe dabey ergreiffen / und darzu seinen Degen / einen
 
stoβ damit zu vollführen / frey und ledig hette / so trehe man in geschwinder resolution den Leib
 
hinderwerts lincks umb / daβ der stoβ vorbey gehe / und man des Feindes lincke / mit seiner lincken
 
Hand ergreiffe / den Arm umbgekehrt über die Schulter bringe / mit beeden Händen starck
 
niedertrucke / und ihm also solchen mit behendigkeit zerbreche / wie die Figur Num. L. vorstellet /
 
welches auch ein contra lection genennet wird.
 
 
Kürtzlich vom Hals brechen: So man dem Feind passiren wolte / und der Degen einem etwa
 
entfiele / so greiffe man ihme mit beeden Händen nach dem Kopff / mit der rechten unter sein Kien /
 
und mit der lincken oben auff den Wirbel / dan trehe man mit der rechten von sich / und mit der
 
lincken oben her zu sich / so kan man ihme den Hals leicht brechen / und ihn umbwerffen; Diese
 
lectionen aber dienen einig und allein in denen vor Augen schwebenden extremiteten, und lassen nicht
 
mit sich schertzen.
 
 
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|'''Cap. XXV.'''
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Wie man caviren und contra caviren, in der cavation pariren und darein stossen sol.
 
 
Und zwar anfangs / wan man mit dem Adversario zugleich in der quarta lieget / so engagire
 
man in derselbigen seine schwäche / wird er aber unten durch gehen / und wieder in der tertia
 
engagiren wollen / so cavire man in selbigem tempo unten durch / und stosse ihm inwendig die quart,
 
verhindert er den ersten stoβ und caviret contra, so cavire man abermahl durch / wie die Figur Num.
 
LI. demonstrirt, und volziehe seinen stoβ in der quart, wie Num. VIII. zusehen.
 
 
Befindet man sich dan beederseits in der tertia, und dem Feind seine Kling etwas stringiret, so
 
gebe man wohl acht / daβ / in dem er durch caviret, und wiederumb wird engagiren, man geschwind
 
in selbigem tempo durch gehe / und ihm einen stoβ in die tertia versetze / caviret er contra, so cavire
 
man wieder / und stosse denselben in die zweyte cavation.
 
 
Wird man dem Adversario den Degen in der secunda engagirt haben / und er durch cavirt und
 
wiederumb will engagiren, so cavire man zugleich mit durch / versucht ers zum zweyten mahl / so
 
cavire man mit ihm / und verletze ihn in einem tempo unten inder secunda, desgleichen geschiehet
 
oben herüber in der secunda.
 
 
Man kan auch zugleich caviren und pariren, und darauff den Feind beschädigen / vornemlich
 
wan man dem Feind die tertia übern Arm zu stossen / gelegenheit giebet / und er dan darüber wird fort
 
stossen wollen / so parire man nicht ausserhalb / sondern cavire unten durch / parire in der quarta und
 
stosse ihm alsdan gemelte quarta untern Arm nach / wessen er sich nicht verhüten kan; Auff diese
 
weise kan man auβ drey tempo zwey machen / und verletzen.
 
 
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|'''Cap. XXVI.'''
 
  
Wie man sol in die Fainten oder Tempo stossen.
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Diese stösse geschehen folgender weise: Wan man sich mit seinem Wiedersacher in der
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secunda befindet / und er eine fainte nach dem unter-Leib zu machen trachtet / so muβ man das tempo,
 
in dem er den Degen sincken lässet / wie ein Augenblick in acht nehmen / die Hand in selbigem tempo
 
in die quart wenden / mit einem steiffen Arm herunter fallen / und ihm dieselbe inwendiges Leibes
 
stossen / wie die Figur Num. LII. thut: Man sehe sich aber wohl vor / das der Feind nicht etwa die
 
fainte expressè mache / den stoβ ablauffen lasse / dardurch eines Degen überkomme und Meister
 
werde / wie Num. XLV. zusehen.
 
 
 
Wan aber der Feind in der quarta eines Degens engagirt, und eine Fainte in der tertia etwas
 
weit vom Leib / wie etliche thun / machen will / so stosse man / in dem er unten durch zu caviren
 
gesinnet / ihme in selbigem tempo die tertia gleich übern Arm / und verletze ihn: Liegt er auβwendig
 
in der tertia an / und machet inwendig in der quarta eine fainte, so stosse und voltire man gleichfals
 
die quarta mit umbgewendetem Leibe / so wird man ihn auch verwunden.
 
 
 
Tempo-stoβ in der quarta untern Arm.
 
  
Wan man den Adversarium in der quarta rencontrirt, und er / wie viel im brauch haben / einen
 
dardurch zum stoβ zu bewegen / im fainten machen grosse blöβ gebe / so seye man geschwinder als
 
der Feind / und / in dem er die fainten macht und untern Arm blöβ gibt / behend in selbigem tempo
 
darin mit der quart fort zustossen / nach besagter LIII. Figur / auch den Degen mit der lincken Hand
 
abzuwenden / damit der Feind nicht etwan die Hand trehe und ein contra tempo stosse / wie
 
nachfolgende LIV. Figur bezeignet.
 
 
Contra tempo.
 
 
Was das contra tempo betrifft / so kan man selbiges gebrauchen wie folgt: Wan man zugleich
 
in gerader postur stehet / so engagire man dem Feind seine Kling ein wenig in der quarta, mache ihm
 
alsdan eine fainte, die spitze nach der Erden zu / die Faust aber hoch gehalten / auff daβ man ihme
 
gnugsame blösse untern Arm zustossen gebe / wie an vorhergehender LIII. Figur zusehen / wird er dan
 
mit der quart geschwind wollen hinein stossen / so nehme man dasselbe tempo in acht / wende die
 
Hand in die secunda, und stosse ihm inwendiges Leibes fort / wie in der LIV. Figur beobachtet wird /
 
so verletzet und pariret man den stoβ zugleich in selbigem tempo, welches in keinem andern stoβ
 
angehet.
 
 
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|'''Cap. XXVII.'''
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Wie man auβ einer postur die ander formiren, und sich darin begeben soll.
 
 
Diese verenderung kan in allen posituren geschehen / als wan man mit dem Feind in der tertia
 
lieget / so stringire man ihm ausserhalb die Kling ein wenig / und formire also die quarta. So aber der
 
Feind in einer hohen tertia oder quarta lieget / so cavire man unten durch und gehe ihm in der
 
secunda an / in welcher verenderung man den Feind gar leichtlich übereylen kan / wie die LV. Figur
 
anzeiget; Läst er die Kling sincken / und formirt ein niedrige postur, so cavire man contra, will er die
 
Kling in der secunda stringiren, so cavire man durch und engagire seine Kling in der quarta: Gehet er
 
in niedriger postur an / so beuge man die beede Knie / gehe ihm eben so niedrig an / das ihm der
 
vortheil benommen werde / dan wo man dem Adversario einige blöse gibt / so muβ man auch
 
zusehen / wie solche recht möge defendirt werden / damit man nicht selber das jenige zu gewarten /
 
was man einem ander trohet.
 
 
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|'''Cap. XXVIII.'''
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Wie man die mensur brechen sol.
 
 
Wan man mit dem Adversario ein gleiches lager formiret hat / es seye in der tertia, quarta
 
oder secunda, und man verspühret / daβ derselbe einen stoβ in der quarta verrichten wolte / so breche
 
man die mensur mit zurückziehung des lincken Fusses und ober-Leibes / wie die mit Num. LVI.
 
bezeignete Figur darthut / und sehe sich wohl vor / daβ er den lincken Fuβ nicht etwa hernach ziehe /
 
und geschwind noch einmahl stosse / bleibt er aber also stehen / sich nicht retrahiret, noch in eine gute
 
postur bringet / so gehe man in der quarta an seine schwäche / und stosse ihm darin nach; Hier sind
 
auch seine actiones zu observiren, daβ er nicht etwa zu trette / eine halbe passade mache / einem den
 
Fuβ erreiche / und das Bein zerbreche / oder umbwerffe / welches er / in dem der Leib also
 
hinderwerts gebogen liegt / leicht ins werck setzen kan / wie die Figur Num. XLIX. beweiset.
 
 
Befindet man sich dan beederseits in der secunda, und der Widersacher in derselben / oder in
 
der quarta einen stoβ vollführen wolte / so trette man mit dem fordersten Fuβ zu rück / ziehe den
 
rechten Arm etwas nach sich / halte die lincke Hand vor / womit der stoβ leicht abzuwenden / und
 
versetze ihm alsdan eines in der secunda oder quarta: Diese lection kan man auch practiciren, wan der
 
Feind voltiret, wie die Figur Num. XLI. bezeiget.
 
 
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|'''Cap. XXIX.'''
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Wie man sich mit dem Degen / und beeden Händen defendiren soll.
 
  
Diese defension mit beeden Händen soll nicht eher als zur erheischender zeit geschehen /
 
nemlich / so es darzu kommen solte / daβ einer etwan zu matt und müde / oder an der rechten Hand
 
verwundet worden were / und seinen Degen nicht mehr regieren könte / alsdan kan man sich der
 
lincken Hand gebrauchen / daβ man seinem Adversario zu begegnen desto besser gewachsen seye /
 
welches dan das sicherste ist / daβ man sich in die niedrige tertiam begebe / den Degen mit der rechten
 
Hand beym Knopf / mit der lincken aber eine spann vor dem Gefäβ halte / sonsten aber keine blöβ als
 
über den Arm gebe / und den stoβ des Feindes zu erwarten / die niedrige postur behalte / auch muβ
 
man das tempo, in dem der Feind stöst / nicht verliehren / sondern den stoβ mit der lincken Hand und
 
dem Degen / wie die Figur Num. LVII. weiset / pariren und nachstossen / dieweil er / in deme man den
 
Degen also beym Knopff helt / eher als sonsten zu erreichen / und lenger auβstossen kan.
 
 
Meines orths halte ich von dem Fechten mit beeden Händen nicht viel / weiln es heβlich und
 
gefährlich ist / es seye dan / daβ es die hohe noth erfordert / dan wo sich einer auff solche arth
 
præsentiret, so suche man ihn nur mit einer fainten oder halben stoβ zuverführen / und alsdan in die
 
Hände / sonderlich in die rechte zuverletzen / doch daβ man dem Feind zum contra stossen keine
 
gelegenheit gebe.
 
 
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| class="noline" |  
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| [[File:L'Ange 1664 26.png|400px|center]]
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| class="noline" | '''Cap. XXX.'''
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| {{section|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf/71|1|lbl=50}}
 
 
Wie man mit der lincken Hand pariret, und wo selbige Paraden ihren ursprung herhaben.
 
  
Diese Paraden kommen mehrentheils daher / weil man vor diesem hat pflegen mit den
 
Puniarts oder Dolchen zu fechten und sich zu verthädigen; heutiges tages aber sind keine mehr
 
gebräuchlich / deswegen die lincke Hand zur zeit der noth dessen statt wohl verrichten kan. Welches
 
dan geschiehet / wan man müde und matt worden / den Degen nicht mehr halten kan / und seinem
 
Adversario die Klinge nicht mehr vertrauen darff / weiln er in der Faust zu starck / also die Hand im
 
pariren zu hülff zu nehmen gezwungen ist: Nemlich: wan man sich mit dem Adversario in der
 
secunda befindet / und er darin einen stoβ thun wird / so parire man selbigen mit der lincken Hand
 
unterm Arm durch / wie die LVIII. Figur docirt, und stoβ ihm die secunda oben nach / wie in der
 
Passade Num. XXXIV. zusehen / liegt man aber in der quarta, und er selbige stossen will / so parire
 
man mit der Hand auβwerts nach der lincken seiten / und stosse geschwind auch eine quarta nach;
 
liegt er gantz niedrig / so thue man desgleichen / parire mit der Hand und stosse nach. Von der tertia
 
über den Arm will ich nichts melden / weiln darin mit der Hand zu pariren schwer und gefährlich ist.
 
 
|}
 
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| title = Chapter 31-36
 
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! <p>Images<br/></p>
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! <p>Transcription<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
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|'''Cap. XXXI.'''
 
 
 
Wie man caminiren und den Feind im gehen verletzen kan.
 
  
Dieses caminiren hab ich vor diesem in Italien gelernet / auch offtermahls practicirt, und halte
 
darvor / daβ es ein Hispanier erfunden / dieweil es einem gar gravitätisch und redemondatisch
 
vorkombt / dan man in selbigem nicht viel still stehet / sondern mehrertheils in der action mit geradem
 
Leib vorwerts oder auff die seyte / auch wohl zurück gehet / so lang und viel / biβ man seinen Mann
 
zuverletzen blösse findet / in diesem gehen aber muβ man allzeit des Feindes schwäche engagiren, wie
 
gegenwertige Figur Num. LIX. præsentiret, und so man alsdan den Feind zu erreichen vermeint / den
 
stoβ fortsetzen / es sey in der tertia, quarta oder secunda. Dieser Lection können sich die alte
 
Cavalliers oder Officirer bedienen / welche etwan Lahm geschossen / gestochen / oder sonsten
 
beschädigt seind / ihre Knie nicht mehr biegen / oder einen langen stoβ thun können / und also steiff
 
zugehen gezwungen seind / welches offtermahls ich selbst gesehen: Desgleichen seind die
 
Podagrämische / so mit den Füssen nicht mehr zutretten oder battiren können / und gleichwohl ihre
 
Ehr zu verthädigen / einem mit dem Degen gerne satisfaction geben wolten / auff solche manier
 
zufechten genötiget; Dieses caminiren kompt einem auch zu guth / wan man sich etwa mit dem
 
Rücken an einem incommodirlichen orth befindet / alsdan auff die lincke seite gehet / und dem Feind
 
desto besser zu begegnen / einen bequemen orth suchet / und hiemit genug vom caminiren.
 
 
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|'''Cap. XXXII.'''
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Von den Winckel stössen / und geschehen solche auff folgende manier.
 
 
Wan man sich mit dem Adversario in der quarta befindet / und er etwa einen krummen Arm
 
machet / daβ man darüber blösse siehet / so cavire man geschwind durch / ehe er sich dessen versiehet
 
/ dan er des stosses aldar nicht / sondern inwendig erwartet / und stosse ihm die quarta übern Arm mit
 
getrehetem Leib in den Winckel / wie Num. LX. darthut / halte die lincke Hand vor / oder ergreiffe den
 
Degen / als wolte man den Adversario desarmiren, wie Num. XLIV. zusehen / und verhindere zugleich
 
den contra-stoβ.
 
 
Ebenfals geschiehet in der quarta, wan der Feind darin eine fainte von der Klingen machet /
 
daβ man dardurch blösse unter seinen Arm bekombt / so mercke man solche wohl / vertrehe die Hand
 
in die quarta, als wolte man voltiren, und stosse ihm dieselbe auβwendig über der Klinge unterm Arm
 
hinein / wie Num. LIII. zusehen.
 
 
Was dan endlich den Winckelstoβ in der secunda betrifft / gehet solcher also an: So bald man
 
mit dem Adversario das Lager in der secunda formiret, so mache man ihm eine fainte nach dem Kopff
 
/ erhebe die Faust hoch / ist alsdan oben noch blösse / so lasse man die spitz sincken / stosse also
 
übern Arm / wie an der XXXIV. Figur bedeutet worden / und halte die lincke Hand nahe beym rechten
 
Arm: Dieser stoβ wird auch von etlichen eine verfallene secunda genant.
 
 
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|'''Cap. XXXIII.'''
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Auff was arth die verfallene Stöβ gemacht werden.
 
 
Erstlich kan die verfallene secunda gebraucht werden / wan man dem Feind eine fainte
 
inwendig nach dem Leib machet / Er aber liegen bleibt / so verkehre man die Hand weit in die
 
secunda, lasse den Degen mit dem Leib zur lincken sincken / und lædire ihn in verfallener secunda,
 
auff daβ der Adversarius in der parade der Klingen / und im contra-stoβ des Leibs verfehle / wie an
 
gegen über gesetzter LXI. Figur zubeobachten: Dieser stoβ ist auch gut im passiren zu gebrauchen.
 
Lieget man dan beederseits in einer hohen quarta, so cavire man durch / schlage dem Feind
 
auβwendig ein wenig an seine schwäche nach dem Kopff zu / lasse alsdan die Kling fallen / und stosse
 
die secunda unterm Arm; Dieses alles muβ in einem tempo geschehen / und wird solches auch eine
 
verfallene secunda genennet.
 
 
Zweytens / wan man sich zugleich mit dem Feind wolte in die quarta légen / ihme seine Kling
 
zu stringiren, und stelte sich / ob man ihme die quarta über das Gefäβ hinein zustossen besinnet / so
 
lasse man doch die Klinge fallen / und stosse ihm behände inwendig unter dem Gefäβ die quarta nach
 
dem under-Leib / so wird er im pariren der Klingen verfehlen / und wird dieser stoβ die verfallene
 
quarta genandt.
 
 
Was dan letztlich die verfallene quarta auβwendig belanget / geschiehet solche also / wan man
 
zugleich mit dem Adversario in der tertia sich befindet / so lasse man die spitz biβ an des Feindes
 
Elnbogen fortgehen / den Degen auβwerts unter den Arm fallen / und stosse also in der quart fort /
 
auch halte man zugleich die lincke Hand vor / welches in allen diesen stössen beobachtet werden
 
muβ / umb des Feindes Degen von sich abzuweisen / dieses ist von den besten stössen einer.
 
 
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|'''Cap. XXXIV.'''
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Wie man gegen einen / so lincks fichtet / agirt, und welche stöβ ihm am bequemlichsten anzubringen.
 
 
 
Erstlich / wan man sich mit einem solchen Adversario auβwendig in der quarta befinden
 
wird / kan man ihm am sichersten selbige übern Arm stossen / desgleichen gehet auch eine verfallene
 
quarta auβwendig unter dem Arm hier wohl an / kan auch inwendig practicirt werden.
 
 
 
Zweytens / So man mit ihm in der secunda gelagert / kan man die secunda oben übern Arm /
 
oder inwendiges Leibs unter der Klingen anbringen; Von der tertia will ich nichts melden / weiln man
 
darinnen gemeiniglich contra stöst.
 
 
 
Drittens / was die Passaden gegen einen lincken belanget / kan man die quarta übern Arm
 
passiren, mit der lincken Hand aber muβ man ihm den Degen auβ der geraden Linien trucken;
 
desgleichen können obgemelte zwey stöβ in der secunda angebracht werden. In allen diesen stössen
 
aber muβ man die lincke Hand vorschützen / und des Feindes vorhaben verhüten.
 
 
 
Viertens / kan man auch in der quarta übern Arm und darunter voltiren.
 
  
Diese obgemelte stöβ gegen die lincke Hand habe ich zu verhütung weitleufftigkeit / nur mit
 
wenigen wollen zuverstehen geben / weiln es die principalisten seind.
 
 
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|'''Cap. XXXV.'''
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Von einem guten und tüchtigen Degen.
 
 
Mancher meynet / wan Er einen langen Degen trägt / so seye ihme schon damit geholffen /
 
aber es ist nicht genug / sondern denselben zu regieren ein mehrers wird erfordert. Dan wan der Feind
 
die schwäche desselbigen einmahl wird gewonnen haben / so kan man so leicht nicht caviren, und sich
 
wieder loβ machen. Meine meinung aber ist / daβ die Kling eines guten Seyten Degens soll
 
mittelmässig sein / nicht zu schwer noch zu lang / auff daβ sie desto besser und leichtlicher könne
 
regieret / und der Arm nicht so bald müde werde / starck im grieff / und steiff an der gantz und halben
 
stärcke / die halbe und gantze schwäche aber seye schwanck und leicht / und fornen nicht zu schwer /
 
auch muβ sie schlag frey / desgleichen der Knop des Degens wohl verniedet sein / damit er nicht
 
etwan loβ werde / breche / oder auβ dem grieff fahre / und man also wohl gar das Leben darüber
 
verliehren müsse.
 
 
|-
 
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| class="noline" |
+
| [[File:L'Ange 1664 29.png|400px|center]]
| class="noline" |  
 
| class="noline" | '''Cap. XXXVI.'''
 
  
Von einem bequemen Orth / im scharpff fechten zugebrauchen.
+
[[File:L'Ange 1664 53.png|400px|center]]
  
Demnach Ich nunmehr von allen Lectionibus auffs möglichst und nützlichste abgehandelt /
+
[[File:L'Ange 1664 54.png|400px|center]]
auch deren application allen und jeden Liebhabern dieser Kunst / verhoffentlich zur gnüge / zwar
+
|
kurtz / jedoch verständlich zu erkennen gegeben / so ist dieses einige noch übrig / daβ man von einem
+
| {{pagetb|Page:Deutliche Erklårung der Fechtkunst (Jean Daniel L'Ange) 1664.pdf|77|lbl=56}}
principal und nothwendigen stücke etwas meldung thue / nemblich / von einem bequemen orth / da
 
man dem Adversario begegnen will / und soll man vornemlich auff vier Stück wohl achtung geben /
 
wan man vor das Thor kombt und sich mit einem schlagen soll; Vors
 
  
Erste / auff die Sonne / daβ man sie auff den Rücken / der Adversarius aber selbige ins
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Angesicht bekomme / wordurch seine Augen geblendet werden / und man ihn desto eher verletzen
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kan.
 
  
Zweytens / auff die Berge / so man einen Berg hindersich vermerckt / so suche man bald einen
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sprung auff die lincke seiten zuthun / und den Feind dahin zutreiben / den vortheil wieder zu gewinnen
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/ Ihme aber den seinen zubenehmen / wie dan bekand ist / daβ man sich den Berg herab nicht
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defendiren kan mit dem Degen / aber gegen Berg kan man wohl einen treiben / biβ er etwan verletzt
 
oder zufall kommen ist.
 
 
 
Drittens / auff Wasser / Mauren oder Hecken; So man sich an deren einem mit dem Rücken
 
befindet / muβ man ebenmässig resolvirt sein / sich mit dem seyten sprung zu salviren, den Feind aber
 
dahin zutreiben / welches ein grosses avantage ist.
 
 
 
Viertens / auff Pflasterstein / oder Kieselsteineren Wege / dan daselbst ist es nicht gut / man
 
hat sich wohl zu hüten / daβ man nicht an stosse / oder im langen auβstossen nicht etwan zu fall
 
komme / und dardurch verletzt werde. Welches aber der bequemste Orth sey / so man anderst die zeit
 
haben kan / dem Feind zubegegnen / so hält mancher viel von einer grünen Wiesen / es ist aber nicht
 
allzeit gut / besonders nachmittag / in deme die Sonne mit ihren Strahlen das Graβ glatt gemacht hat /
 
viel besser könte es Morgens an solchem orth sein / wan das Graβ noch naβ ist; Aber meines theils
 
halte ich einen gepflügten / auch Saamen- oder StoppelAcker / oder Sandfeld das gleich ist / vor den
 
besten und bequemsten platz / welches ich vielmahl selber practicirt, und stäts gut zu sein befunden.
 
So ich hieher zur nachricht beyfügen wollen / ein jeder mag thun nach seinem belieben / und wie es
 
die zeit wird ertragen können.
 
 
 
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! <p>Images<br/></p>
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! <p>Transcription<br/>by [[Reinier van Noort]]</p>
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|'''Anhang.'''
 
 
 
Hiermit hab ich auch noch zur nachricht andeuten wollen / wie daβ ich nicht allein im Degen /
 
sondern auch in anderen exercitiis, als mit der Picque, Musqueten, wie auch Voltisiren und Fahnen
 
schwingen bin erfahren / darzu auch einen lernen kan / wie man ein Regiment zu Fuβ ins Feldt soll
 
stellen / welches ich nicht allein auff underschiedlichen Academien exercirt, sondern auch im Felde
 
practicirt, und also dardurch zu einer Charge (ohne ruhm zumelden) bin gelanget / auch in
 
underschiedlichen occasionen vor meinem Feind mich hab gebrauchen lassen / und also bey hohen
 
und niederen Standes Persohnen mich recommendirt und beliebt gemacht; deren ich dan nicht nur
 
etliche wenige / sondern etliche hundert / an unterschiedlichen Orthen / in dieser Adelichen Fechtkunst
 
informiret, und zu guten Fechtern gemacht / welche verhoffentlich mir annoch gut zeugnus geben
 
werden: So hab ich auch mit dieser Adelichen Fechtkunst / bereits auff dreyzehen mahl meine Probe
 
in gegenwarth vieler grosser Herzen / an unterschiedlichen Orten gethan / und allemahl glücklich
 
obgesieget / weswegen viel Miβgönner und Neider bekommen habe / und ist wohl zuverwundern / daβ
 
ich biβ dato hab können resistiren, darumb ich billich Gott und dem Glück zudancken habe / und
 
dahero mich meines Symboli abermahls erinnere:
 
 
 
En Dieu mon esperance
 
Et mon espeé pour ma de fance.
 
  
Zum Beschluβ berichte ferner hiermit / wie daβ ich noch etliche schöne Kunst-stücklein oder
 
Wissenschafften habe / wie man mit einem Degen gegen einen Puniar, Picque, Hellepart, Partisan
 
und andere dergleichen Gewehr / auch wie man zu Fuβ mit dem Degen in einer / und eine Pistoll in
 
der andern Hand sich verhalten / seinem Feinde begegnen / auch gar mit blossen Händen gegen einem
 
stillet sich defendiren und wehren soll / welches auff zweyerley manier geschehen kan / dem
 
Adversario dardurch sein Gewehr zunehmen / und ihn damit zuverletzen oder gar zu tödten. Item / mit
 
einem Degen der noch in der Scheyden steckt / seinen Feind zubeschädigen / ehe Er mit einer Pistoll
 
einen Schuβ thun mag. Und dan letztens / daβ fast ohnglaublich scheinet / wie man einem den Degen
 
kan an der seyten nehmen / ihne über den Kopff schlagen / oder gar in Leib stossen / und daβ man ihn
 
doch nicht auβ der Scheiden ziehe / welches ich offt in vertrawlichen Compagnien auβ kurtzweil
 
practiciret habe / welches mit grosser geschwindigkeit muβ verrichtet werden: Dieser und dergleichen
 
Geheimnüssen application aber / Ich diesesmahl auβ gewissen ursachen / und damit sie nicht
 
allzugemein werden möchten / nicht hieher setzen wollen; man kan sie underdessen gleichwol zu
 
seiner zeit in geheim von mir erfahren; Womit ich endlich schliesse / und mit jenem Poëten sage:
 
 
Tugend hat zu beyden seiten
 
allezeit /
 
Die Sie gar gewiβ begleiten
 
Ehr und Neyd.
 
 
|-
 
|-
| class="noline" |
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| [[File:L'Ange 1664 20.png|400px|center]]
| class="noline" |
 
| class="noline" | '''Inhalt deren Capitel / so in diesem Werck begriffen.'''
 
 
 
Cap.
 
 
 
1. Von den drey Haupt-guardien, wie sie zu formiren.
 
 
 
2. Wie man sich in eine gute postur stellen soll.
 
 
 
3. Von der richtigen abtheilung der Klingen.
 
 
 
4. Wie man die nahe und weite mensur erkennen soll.
 
 
 
5. Von bewegung des Leibes Hand und des Fusses.
 
 
 
6. Wie man approchiren und des Feindes schwäche gewinnen soll.
 
 
 
7. Wie man die drey Haupt stöβ recht auβstossen soll.
 
 
 
8. Wie man pariren und nachstossen soll.
 
 
 
9. Auff was vor manier man die Kling engagiren soll.
 
 
 
10. Von der einfachen cavation, und darein zustossen.
 
 
 
11. Wie man die fainta machen soll.
 
 
 
12. Wie man die doppelte fainten machen soll.
 
 
 
13. Welcher gestalt die doppelte Parade zumachen sind.
 
 
 
14. Wie man soll an der Klinge in zwey tempo hinweg stossen.
 
 
 
15. Wie man soll einen halben stoß oder Appell an der Klinge machen.
 
 
 
16. Wie man soll die appell von der Klinge machen.
 
 
 
17. Wie man die Kling stringiren oder legiren soll.
 
 
 
18. Wie man soll ausser der mensur attaquiren.
 
 
 
19. Welches besser sey / mit einem sprung oder zwey tritten sich zurück salviren.
 
 
 
20. Wie man soll Passaden machen / und auß was uhrsachen.
 
 
 
21. Von den Volten, und wan sie zugebrauchen.
 
 
 
22. Welcher gestalt man die Klinge sessiren oder ergreiffen soll.
 
 
 
23. Wie man den Feind wehrloβ machen soll.
 
 
 
24. Wie man den Feind übern hauffen werffen / ihme Arm und Bein zerbrechen kan.
 
 
 
25. Wie man caviren und contra caviren, in der cavation pariren und darein stossen soll.
 
 
 
26. Wie man soll in die fainten oder tempo stossen.
 
 
 
27. Wie man auβ einer postur die ander formiren und sich darin begeben soll.
 
 
 
28. Wie man die mensur brechen soll.
 
 
 
29. Wie man sich mit dem Degen und beeden Händen defendiren soll.
 
 
 
 
 
30. Wie man mit der lincken Hand pariret, und wo selbige Paraden
 
ihren ursprung herhaben.
 
 
 
31. Wie man caminiren und den Feind im gehen verletzen kan.
 
 
 
32. Wie die Winckel stöβ gemacht werden.
 
 
 
33. Auff was arth die verfallene stöβ gemacht werden.
 
 
 
34. Wie man sich gegen einem der Lincks fichtet / verhalten soll.
 
 
 
35. Von einem guten und tüchtigen Degen.
 
 
 
36. Von einem bequemen Orth im scharff fechten zugebrauchen.
 
 
 
'''E N D E.'''
 
  
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Revision as of 00:02, 19 August 2020

Jean Daniel L'Ange
200px
Born 17th century
Darmstadt, France (?)
Died after 1682
Heidelberg, Germany
Occupation Fencing master
Alma mater Heidelberg University
Movement Freifechter
Influences Sebastian Heußler (?)
Genres Fencing manual
Language Early New High German
Notable work(s) Deutliche Erklårung der Fechtkunst (1664)

Jean Daniel L'Ange (Johann Daniel Lange) was a 17th century German fencing master. He was born in Darmstadt in the early 17th century. He seems to have been an initiate of the tradition of Salvator Fabris (possibly through Hans Wilhelm Schoeffer), and served as master to both the Electoral Palatinate court at Castle Heidelberg and the University of Heidelberg.[1]

In 1664, L'Ange published a fencing manual entitled Deutliche und grůndliche Erklårung der Adelichen und Ritterlichen freyen Fecht-Kunst ("A Clear and Thorough Explanation of the Noble, Chivalric, and Free Art of Fencing"), a relatively brief illustrated treatise on the use of the single rapier.

Treatise

Additional Resources

References

  1. "L'Ange, Jean Daniel (1664 - 1682)". CERL Thesaurus. Accessed 9 November 2011.